Amartya Sen

Ökonomie für den Menschen

Ausgabe: 2021 | 2
Ökonomie für den Menschen

Der Ökonom, Philosoph und Nobelpreisträger Amartya Sen konzentriert sich in Ökonomie für den Menschen auf die Rolle der Freiheit im Entwicklungsprozess von Staat und Wirtschaft. Der Kernthese des Buchs folgend, basiert Entwicklung immer auf Freiheiten, die „unmittelbar, um ihrer selbst willen als Werte gelten“ und die „nicht mittelbar bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft gerechtfertigt werden müssen.“  (S. 28) Freiheit ist für Sen die Voraussetzung zu handeln, jedwede Form ihrer Weiterentwicklung erhöht Handlungsmöglichkeiten. Dabei wird zwischen Freiheit als oberstem Ziel (konstitutive Funktion) und als wichtigstem Mittel (instrumentelle Funktion) der Entwicklung unterschieden. Während sich Freiheit in ihrer konstitutiven Funktion auf elementare Bedürfnisse bezieht – wie die Fähigkeit, Hunger oder Krankheit zu vermeiden –, verweist sie in ihrer instrumentellen Funktion unter anderem auf politische Freiheiten, ökonomische Einrichtungen oder soziale Chancen. Beide Typen haben das Potential, sich laufend zu entwickeln und so die Freiheit der Individuen zu erweitern – dem letztgenannten ist allerdings ein größerer Handlungsspielraum inhärent, einfach, weil sich die subsumierten Faktoren wechselseitig bestärken.

Geprägt von einer Hungerkatastrophe während seiner Kindheit in Indien, kommt der Philosoph auf das Problem globaler Hungersnot zu sprechen, um damit den Wert einer Demokratie und die daraus resultierenden Freiheiten besonders anschaulich zu illustrieren. Vor allem der öffentliche Diskurs und die politische Opposition hätten nach Sen die Möglichkeit, Machthabende zum Handeln zu bewegen und Systemveränderungen anzustoßen.

Das Buch zeigt, mitunter geprägt von der „Idee eines auf Vernunft begründeten sozialen Fortschritts“ (S. 331), anhand von Studien erfolgreiche Strategien zur Bewältigung von Ungleichheit auf. Wenngleich die englischsprachige Originalausgabe bereits aus dem Jahr 1999 stammt, lohnt es, sich mit Sens Gedanken auseinanderzusetzen. Denn ohne Zweifel ist er ein Vordenker, der sich – wie der Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2020 schrieb – „seit Jahrzehnten mit Fragen der globalen Gerechtigkeit auseinandersetzt und dessen Arbeiten zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit in Bezug auf Bildung und Gesundheit heute so relevant sind wie nie zuvor“.