Linda Scott

Das weibliche Kapital

Ausgabe: 2021 | 1
Das weibliche Kapital

Seit drei Jahrzehnten erforscht die mittlerweile emeritierte Management-Professorin der University of Oxford Linda Scott die Stellung von Frauen in der Wirtschaft. Sie berät unter anderem internationale Unternehmen sowie die Weltbank im Zusammenhang mit der Stärkung von Frauen im Wirtschaftsleben. Mit der Publikation The Double X Economy bzw. Das weibliche Kapital beschreibt Scott anhand zahlreicher Studien die wirtschaftliche Benachteiligung von Frauen, die sich in reichen Ländern im nach wie vor bestehenden Gender Pay Gap, dem ungleichen Zugang zu Führungspositionen sowie den mehrheitlich von Frauen erbrachten Sorgetätigkeiten äußert, in vielen Ländern des Südens jedoch in noch krasseren Formen wie der gänzlichen Unterordnung, der sexuellen Ausbeutung sowie im verwehrten Zugang zu Bildung, Ei-gentum und unternehmerischem Handeln besteht. So berichtet Scott von zahlreichen ihrer Feldstudien in Afrika oder Asien, in denen es darum ging, die persönliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit von Frauen zu stärken. Zwei zentrale Aussagen ziehen sich durch das Buch: Frauen wirtschaftliche Möglichkeiten zu eröffnen, löse nicht alle Probleme der Diskriminierung – es gehe ebenso um die Veränderung von kulturellen Normen –, sei aber ein wichtiger Schritt dazu.

Und zweitens: die Stärkung von Frauen im Wirtschaftsleben helfe nicht nur diesen selbst, sondern beflügle die Wirtschaft insgesamt. Dies habe der Eintritt von mehr Frauen ins Erwerbsarbeitsleben in wohlhabenden Ländern gezeigt und gelte insbesondere für Entwicklungsländer. Würden Frauen über eigenes Land verfügen und bekämen sie Erbrechte, würde dies die landwirtschaftliche Produktion erheblich steigern. Laut der Vereinten Nationen könnten – so Scott – allein diese Maßnahmen den Hunger von 150 Millionen Menschen beenden. Zudem korrelieren Frauenrechte mit Familienplanung und dem Rückgang von Gewalt.

Die globalen wirtschaftlichen Ungleichheiten lassen sich nicht auf ein Phänomen reduzieren. Doch Linda Scott hat mit Das weibliche Kapital ein wichtiges Buch vorgelegt. Dass sie zwischen den doch sehr unterschiedlichen Diskriminierungen in armen und reichen Ländern hin und her springt, mag etwas irritieren. Die Schilderungen machen so aber deutlich, dass Entwicklung möglich ist und Frauenrechte erkämpft werden können.