Sibylle Berg

Nerds retten die Welt

Ausgabe: 2020 | 4
Nerds retten die Welt

„Haben Sie sich heute schon um den Zustand der Welt gesorgt?“ – damit beginnt Sibylle Berg jedes im Buch abgedruckte Interview. Als Teil der intensiven Rechercheleistung für ihren Bestsellerroman GRM(2019), führte die Autorin über ein Jahr hinweg Gespräche mit denen, die es wissen, wie der Untertitel der vorliegenden Publikation lautet, also mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Disziplinen. 16 dieser Gespräche finden sich nun in Nerds retten die Welt wieder.

Es geht ganz grob um den Zustand der Welt, um den Versuch mittels fundierter Fachkenntnis besser zu verstehen was ist und was auf uns zukommen wird, aber auch um das Verständnis darüber, was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren spezifischen Berufen überhaupt genau machen. Forschungsergebnisse, Projekte und Studien sind durch das Frage-Antwort-Format  kompakt aufbereitet und liefern „mehr Wissenschaft für alle“ (S. 55), wie Berg schreibt, die ihre Formulierungen pointiert-wertend wählt und für Begriffserklärungen oder etwaige weiterführende Informationen geschickt kleine QR-Codes auf jeder Seite platziert.

Da ist zum Beispiel der Meeresökologe Carl Safina, der über unseren Umgang mit Tieren berichtet und die Existenz des Menschen als Nachteil für fast alle anderen Lebensformen beschreibt. (vgl. 203f.) Oder Elizabeth Anne Montgomery, die von ihrer Arbeit als Professorin für Pathologie und Onkologie erzählt, und unter anderem verdeutlicht, dass sich zwar die Anwendung Künstlicher Intelligenz im Bereich der diagnostischen Pathologie verbessert, aber momentan schlicht als nutzlos einzustufen ist. (vgl. 71f.) Und der Astrophysiker Abraham Loeb, der über schwarze Löcher, Weltraumarchäologie und die Wahrscheinlichkeit spricht, dass andere Lebensformen im All existieren. (vgl. 141f.) Außerdem die Mediensoziologin Jutta Weber, die Politologin Emilia Zenzile Roig, der Männlichkeitsforscher Rolf Pohl, die Künstlerin Lynn Hersmann Leeson, die Historikerin Hedwig Richter und so weiter – sie alle bieten im Wechselspiel mit Sibylle Berg einen wunderbaren Einblick in spezifische Forschungsaufgaben, mit deren Ergebnissen wir auf irgendeine Weise tagtäglich zu tun haben, während wir doch viel zu wenig über die Produktion dieses sich stetig wandelnden Wissenskanons verstehen.