Jahrbuch Telekommunikation & Gesellschaft: Multimedia

Ausgabe: 1995 | 4

Die "wechselseitige Information und Kommunikation innerhalb der zersplitterten, sozialorientierten Telekommunikationsforschung zu fördern" sowie eine "konzentrierte Information für Wirtschaft, Politik, die Medien und die interessierte Öffentlichkeit zu schaffen, formulierte Herbert Kubicek - er ist Professor für angewandte Informatik in Bremen - im ersten, 1991 erschienenen Band des Jahrbuches Telekommunikation und Gesellschaft als Motivation für diese Initiative. Umfang und Herausgeberschaft der Reihe sind mittlerweile gewachsen, das damals gestellte Ziel erfüllt auch die neue über 30 Beiträge umfassende Ausgabe vortrefflich. Einführenden Kapiteln über die Technik- und Marktentwicklungen auf dem Gebiet von Multimedia folgen Erörterungen über politische, wirtschaftliche, juristische und nutzerbezogene Aspekte.

Informationeile Grundversorgung als Zukunftsaufgabe sowie ein die potentiellen Nutzer und Gegner neuer Technologien in die Gestaltung miteinbeziehender Politikstil nennt Kubicek in seinem Beitrag als Eckpfeiler einer offensiven und verantwortungsvollen politischen Stimulierung der Informations- und Kommuni-   kationstechnologien (luK). Dem sogenannten Bangemann-Report der EU, der im wesentlichen auf Liberalisierungsmaßnahmen auf der Anbieterseite setzt, stellt er das viel offensivere Clinton/Gore-Programm der New Information Infrastructure (Nil) - dieses wird auch von einem US-Experten beleuchtet - gegenüber. Im Bereich der Wirtschaftsanwendungen sei besonders auf den Beitrag Hans Robert Hansens verwiesen, der den Stand, die Erfahrungen und Perspektiven von On-line-Diensten für kommerzielle Zwecke darlegt. Aus juristischer Sicht werden u. a. Fragen des Urheberrechts (Thomas Hoeren) und mögliche rechtliche Probleme von elektronischen Mautsystemen (RoßnageI/Poederck) erörtert. Aus soziologischer Sicht referiert Thomas Wetzstein die Ergebnisse einer Untersuchung über die Nutzungsweisen von Datennetzen.

Eine Liste von Forderungen, die sich durch neue Teledienste wie elektronisches Einkaufen und Zahlen oder interaktive Mediennutzungen (wie Pay-TV u. a.) aus Verbrauchersicht ergeben, erstellt Theo Wolsing und macht deutlich, daß hier beträchtlicher Regelungsbedarf besteht. Rainer König wiederum berichtet von einer Studie des Fraunhofer-I nstituts für Systemtechnik und Innovationsforschung, in der Auswirkungen rriorderner Telekommunikation auf den Berufs/Geschäftsverkehr errechnet wurden. Das Einsparpotential wird dabei auf rund 8 % der Personenverkehrsleistung geschätzt. Abgerundet werden die Forschungsberichte und Analysen durch Kurzmeldungen über Initiativen, Stiftungen und einschlägige Vereinigungen (dargelegt in einer mit "Szene" überschriebenen Rubrik) sowie durch ausführliche Buchbesprechungen und eine Tele-Chronik des Jahres 1994.

H. H.

Multimedia - Technik sucht Anwendung. Hrsg. v. Herbert Kubicek ... Heidelberg: v. Decket, 1995. 399 S. (Jahrbuch Telekommunikation und Gesellschaft; 3). DM / sFr 74,- / ÖS 577