Möglichkeiten und Grenzen der Genforschung

Ausgabe: 1996 | 4

Das wissenschaftlich fundierte, zugleich allgemein verständlich geschriebene Buch, in dem u. a. Gnome Videobänder und Eisenbahnen als erklärende Metaphern herangezogen werden, befaßt sich überblickartig mit den Chancen und vereinzelt auch mit den Risiken der Gentechnologie. Anhand einer Anzahl von Beispielen aus unterschiedlichsten Bereichen - von der Untersuchung und Bekämpfung genetisch bedingter Erbkrankheiten (Stichwort: "genetische Familienberatung"), zukünftigen Heilungschancen von Krebs (durch Stärkung des Immunsystems mittels manipuliertem Genmaterial) über für archäologische Belange relevante DNA-Vergleiche (wodurch u. a. die Leichen der vor 90 Jahren ermordeten russischen Zarenfamilie gefunden wurden) bis hin zu gentechnischen Manipulationen an Tieren (und der damit verbundenen Frage, ob Leben patentiert werden darf) und Pflanzen (mit besonderem Augenmerk auf das Risikopotential von Freilandversuchen) - versucht der Autor Ängste und Vorurteile gegenüber der Gentechnologie abzubauen. Winnacker, einer der führenden Genforscher Deutschlands, Leiter und Mitbegründer des Genzentrums München sowie Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags "Chancen und Risiken der Gentechnologie", setzt sich aus seinem Blickwinkel, und das heißt doch über-wiegend einseitig, mit der komplexen und auch ethisch ambivalenten Thematik auseinander. Selbst im letzten Kapitel, das den vielversprechenden Titel' "Was wir dürfen und was wir nicht dürfen" trägt, finden sich neben einer verschwindend kleinen Anzahl von Bedenken, die z. T. umgehend entschärft und mit "positiven" Aspekten aufgewogen werden („Die Legende von der Natürlichkeit der Gentechnik ist eine Legende [...] Es ist aber auch richtig, daß Gentechnik so gezielt und so schnell in Genome eingreifen kann, daß sie unsere Handlungsmöglichkeiten nicht einfach nur quantitativ erweitert, sondern ihnen eine qualitativ neue Dimension verleiht."), hauptsächlich Argumente für die Gentechnologie. Fazit: Das Buch ist nur für hartgesottene Gentechnikbefürworter empfehlenswert - oder auch für jene kritischen Geister, die typische "Killer-Argumente" jener kennenlernen wollen, die von der totalen Kontrolle des Lebens träumen. P. M.

Winnacker, Ernst-Ludwig: Das Genom. Möglichkeiten und Grenzen der Genforschung. Frankfurt/M.: Eichborn, 1996. 149 S.