Andreas Herrmann et. al.

Mobilität für alle

Ausgabe: 2022 | 4
Mobilität für alle

Mit Mobilität zu Wohlstand – so lautet eine der zentralen Thesen im informativen, aber auch unterhaltsamen Band Mobilität für alle. Die drei Autoren zeigen darin die multiplen Herausforderungen auf, vor denen eine moderne Stadt- und Infrastrukturplanung steht. Von Emissionen über Flächenverbrauch – anschaulich wird dargelegt, weshalb Mobilität anders gedacht werden muss. Bei den zahlreichen Vorschlägen, die das Werk vereint, steht eine zentrale Forderung im Mittelpunkt: Ein Umdenken in Sachen Mobilität müsse her. Dafür solle Mobilität als Dienstleistung gedacht werden statt als Besitztum, denn Besitz zieht soziale Kosten für Umwelt und Gesellschaft nach sich: Neben einer schlechteren Auslastung des motorisierten Individualverkehrs bei viel Flächennutzung im Vergleich zu öffentlichen Verkehrsmitteln werden Fahrzeuge „im Schnitt nur 55 Minuten innerhalb von 24 Stunden gefahren. Das ist nicht viel.“ (S. 40)

Stadt als Ort der Zukunft

Einfach verständlich und kompakt aufbereitet mit Infografiken, Studien und weltweiten Fallbeispielen denken Andreas Hermann, Johann Jungwirth und Frank Huber die Stadt als Ort der Zukunft und des Fortschritts. Denn Städte leiden besonders unter dem Zuzug und der damit einhergehenden steigenden Verkehrsbelastung. Zur Veranschaulichung dienen Positiv-Beispiele von Städten, die umdenken. Eine davon ist Wien: Durch Verkehrsberuhigungen steigen die Umsätze lokaler Geschäftstreibender – und jede:r Passant:in auf den Wiener Einkaufsstraßen bringt 27 Euro zusätzlichen Umsatz, was insgesamt zu fast fünf Millionen Euro Steuereinnahmen führt (S. 80).

Obwohl die Stadt und ihr Speckgürtel im Zentrum der Analyse stehen, verlieren die drei Autoren das Landleben nicht aus dem Blick und nennen als Beispiel für innovative Mobilität in ruralen Gebieten das CountryCab, „eine Einschienenbahn, die für ihren Service alte, stillgelegte Schienen nutzt. Sie ist akkubetrieben und verkehrt im Paternoster-Prinzip zwischen den Orten entlang der Schiene und kann per App für den nächsten Haltepunkt reserviert werden.“ (S. 88)

Autonomes Fahren, geteilte Mobilität, Fahrgemeinschaften und Appnutzung – dies sind einige der Konzepte, für welche die Autoren plädieren. Dabei versuchen sie stets, Kosten und Risiken abzuwägen. Eine erhöhte Elektromobilität solle weder die Belastung mit elektromagnetischer Strahlung noch den Elektrosmog erhöhen. Als verantwortliche Triebfeder für den Wandel sehen sie Wissenschaft, Forschung sowie insbesondere Unternehmen und betrachten es als deren Pflicht, Lösungen für Menschen zu erarbeiten.

Raum für urbane Utopien

Die Autoren denken Mobilitätslösungen stets von der Systemseite – die gesellschaftlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen stehen im Vordergrund, nicht das individuelle Verhalten. Damit bleiben Schuldzuweisungen an einzelne gesellschaftliche Gruppen aus und es entsteht ein Raum für urbane Utopien, ganz nach dem Motto „mehr Leben, weniger Straßenverkehr“: weniger Staus, weniger Emissionen, weniger Unfälle – dafür mehr Platz und Lebensqualität für alle.