Lernende Schule, pädagogische Schulentwicklung

Ausgabe: 1998 | 4

In einem (Schul-)System Tätige können Veränderungen als gegeben hinnehmen oder sie ignorieren. Oder aber verändernd handeln. Der Erziehungswissenschaftler Michael Schratz (Uni Innsbruck) und die Lehrerin Ulrike Steiner-Löffler (Pädagogisches Institut Wien) wollen mit dem vorliegenden Buch zu letzterem anregen. Ihre These ist, daß sich ein System aus Elementen zusammensetzt, die zueinander in bestimmten Relationen stehen. Diese Relationen ermöglichen Operationen oder Prozesse auf Grund von Steuerungen. Schratz und Steiner-Löffler legen Vorschläge für eine "pädagogische Schulentwicklung" vor. Anhand von "sieben Axiomen der Lernenden Schule" legen sie dar, wie eine pädagogische Schulentwicklung theoretisch durchdacht und praktisch durchgeführt werden könnte.

Eine Schule sollte ihren Entwicklungsprozeß selbst organisieren, an dessen Gestaltung Lehrerinnen, Schülerlnnen, die Schulleitung und die Eltern mitwirken. Im Zentrum der Überlegungen steht der Schritt vom „lch und meine Klasse' zum ,Wir und unsere Schule', denn mit dem Gelingen oder Mißlingen dieses Schrittes steht und fällt das Schicksal der gesamten Entwicklung." Nicht ausgeklammert wird, was einem solchen Prozeß im Wege stehen kann. Mit solchen mannigfaltigen Konfliktpotentialen umgehen zu können, ist ein erster wesentlicher Schritt zur Veränderung einer Schule, ihrer Atmosphäre und des Lernklimas. Beispiele aus verschiedenen Schulen, die sich als "Lernende Schulen" um ein neues Selbstverständnis bemühen, zeigen, was Lehrende lernen müssen und dabei lernen können.

Dem Klagen, daß der/die Einzelne "am System ja doch nichts ändern könne" werden konkrete Schritte entgegengestellt, wie man als "Systemelement" (Lehrerin, Erwachsenenbildnerln etc.) kreativ wirken kann. Angeboten werden keine Stundenbilder oder Kopiervorlagen, sondern Anregungen, die eigene (Schul-) Situation zu reflektieren und verbessernd tätig zu werden -”Don‘t imitate, innovate!"

Das Buch ist der beste Beweis dafür, daß die Trennung von Theorie und Praxis eine künstliche ist; es sollte Neugier und Reflexion wecken. Denn es genügt nicht, Schule zu verbessern oder zu verändern, es geht dem Autor und der Autorin darum, sie neu zu denken. Bevor man nun sagt, daß das gerade in der Schule eben unmöglich sei, greife man zu diesem Buch.

I.B.

Schratz, Michael; Steiner-Löffler, Ulrike: Die Lernende Schule. Arbeitsbuch pädagogische Schulentwicklung. Weinheim (u. a.): Beltz-Verl., 1998.261 S., DM 44,-/ sFr 41,-/ ÖS 321,-