Wenn gegen den Kapitalismus nichts wirkt: Wie wäre es damit, den Kapitalismus gegen sich selbst antreten zu lassen? Auf diese Idee ist Friedrich von Borries gekommen. Wie er sich das vorstellt, lässt er uns in seinem Buch „RLF. Das richtige Leben im falschen“ verfolgen.
Ein Hamburger Kreativdirektor einer Werbefirma gerät in London in die Wirren politischer Auseinandersetzungen, schlägt sich auf die Seite des Protests, motiviert auch durch eine der Aktivistinnen. Er wirft Steine und gerät in das Visier der Polizei und seine Überwachung beginnt.
Jan, so heißt der Werber, beginnt nun, das was er kann: werben und verkaufen, gegen das System einzusetzen, das ihn beschattet. Er gründet das Unternehmen RLF, das Geld verdient, mit dem eine Mikronation aufgebaut wird, die der Kern der kommenden Weltrevolution sein soll. Auch die Art des Geldverdienens ist Ausdruck des Protests: Er verkauft das Lebensgefühl des Widerstands, kopiert und verfremdet. Er verkleidet einen Couchtisch von IKEA mit Gold und bricht so die Zuordnungen, die die Gesellschaft Waren zuschreiben will.
Eine Art Utopieverbot
Mikael, einer der Partner Jans, sieht das so: „Wir sollen die Alternativen zum bestehenden System nicht denken. Eine Art Utopieverbot. Und da setzt RLF an. Denn RLF kann wie ein Virus in das bestehende System eindringen, den Code der Konsumenten verändern. Wie eine Krebszelle, die die Helferzellen des Körpers aktiviert, um ihn zu zerstören, und dann produziert der Körper seine eigenen Krebszellen, zersetzt sich selber, genau so soll RLF funktionieren. Den Kapitalismus von innen zerfressen…“ (S. 191).
Die Firma RLF gibt es wirklich, sie verkauft tatsächlich solche Produkte. Das Buch ist ein Roman, seine Sprache ist auch angemessen, um diese Idee der Rebellion zu erzählen. Erzählen funktioniert hier besser als erklären. Kapitalismuskritik
Borries, Friedrich von: RLF. Das richtige Leben im falschen. Berlin: Suhrkamp nova, 2013. 251 S., € 13,99 [D], 14,40 [A], sFr 13,90
ISBN 978-3-518-46443-4