Eine Sammlung von Geschichten findet sich in diesem Buch, literarische Zukunftsvisionen, um genau zu sein. Drei Autorinnen und acht Schriftsteller – allesamt aus Österreich oder Deutschland – erwecken je eine Idee zum Leben und liefern so ganz unterschiedliche „Geschichten von morgen“, wie der Untertitel heißt. Dietmar Dath, Emma Braslavsky, Leif Randt oder Thomas Glavinic wagen etwa einen Blick voraus, in eine Zeit die kommen wird – in ein paar Jahren, einigen Jahrzehnten, in diesem Jahrhundert. Vor allem dystopisch geht es dabei zu. Künstliche Intelligenz spielt eine besonders große Rolle, aber auch Überwachung, soziale Ungleichheit, Reproduktion, Klimawandel, politische Umbrüche und zwischenmenschliche Beziehungen gehören zu den Themen, die offen präsentiert oder nebenbei eingewoben werden.
Der NDR und SWR, namentlich die Fernsehfilm-Chefs Christian Grandenrath und Manfred Hattendorf, kooperierten für diese Zusammenstellung mit dem Haus der Zukünfte in Berlin, also dem Futurium und seinem Geschäftsführer Stefan Brandt. Auch wenn die Institute klar anders strukturiert sind, gemeinsam sollte die kreative Beschäftigung mit der Zukunft gefördert und vor allem öffentlich gemacht werden, um der in verschiedensten Bereichen vornehmlichen Beschäftigung mit dem Heute und Gestern etwas entgegenzusetzen. Grandenrath und Hattendorf schreiben dazu: „Erzählungen suchten wir, in denen sich die subtilen Veränderungen unseres Alltags durch die gegenwärtigen technologischen Entwicklungen auf sozialmolekularer Ebene widerfinden. Geschichten von morgen, die eine nahe, eine vertraute Zukunft entwerfen – keine zeitlich weit entfernten Science-Fiction-Spektakel, keine dystopischen Apokalypsen.“ (S. 9) Und Brandt ergänzt: „Um Diskurse über Zukunftsfragen in Gang zu bringen, wäre es viel wichtiger, erst einmal Möglichkeitsräume aufzuzeigen, auch wenn sie aus heutiger Sicht unrealistisch erscheinen mögen. Und hier liegt der besondere Wert der in diesem Buch versammelten literarischen Zukunftstexte, denn sie öffnen diese Möglichkeitsräume.“ (S. 13) Abgeschlossen wird der Band im Sinne der Interdisziplinarität dann übrigens von Zukunftsforscher Reinhold Popp, der die Kurzgeschichten aus wissenschaftlicher Sicht kommentiert.