Jacques Attali, zurzeit Präsident der Europäischen Entwicklungsbank und früherer Sonderberater von Präsident Mitterand, Autor von 15 Büchern, beschreibt in diesem Band die Beschleunigung der Geschichte. Wandel ist die einzige Konstante in unserer im Umsturz begriffenen Welt, in der eine neue geopolitische Ordnung geboren wird. Im nächsten Jahrhundert lösen Japan und Europa vielleicht die USA als Supermächte ab. Sie werden die führenden Mächte einer Welt sein die von einer gemeinsamen Konsumideologie geprägt Ist, aber bitter geteilt zwischen Arm und Reich, gefährdet durch eine immer wärmere und belastetere Atmosphäre, umgürtet von einem dichten Netz von Luftverkehrsmetropolen. Die "reichen Nomaden" aus den privilegierten Regionen der Erde werden den Planeten bereisen, um ihre Freizeit zu verbringen, um sich Informationen, Sensationen und Güter zu verschaffen die nur sie sich leisten können. Diese wohlhabenden Wanderer werden sich überall mit umherziehenden Massen "armer Nomaden" konfrontiert sehen - Boat People in globalem Ausmaß - die danach trachten den mittellosen Randlagen zu entkommen, wo weiterhin die Mehrheit der Erdbevölkerung leben wird. Nun, da der Kalte Krieg beendet ist und die Marktwirtschaft triumphiert hat, wird ein Konflikt immer wahrscheinlicher. Die Industrie ist das einzige dauerhafte Fundament für die Macht einer Nation, und in diesem Sinn sind Anzeichen für den relativen Abstieg der USA überall zu bemerken. Japan ist der dominierende Brennpunkt im Pazifik geworden und umklammert zunehmend die USA. In zehn Jahren wird sich die Hälfte des Welthandels im pazifischen Raum abspielen und Japans führende Rolle verstärken. Wenn Hyper-Überschallflugzeuge erfolgreich sind (das wird schon untersucht), werden sie jeden Punkt im Pazifik von Tokio aus in weniger als 2 Stunden erreichen können. Amerika wird dann vielleicht die Kornkammer Japans - mehr Boden in den USA ist ja landwirtschaftlich genutzt als Japan überhaupt Landfläche besitzt. Jede Supermacht wird weiterhin aus ihren unterentwickelten Randlagen Profite ziehen, aber "die Peripherie des pazifischen Raums ist unendlich vielversprechender als die Europas". Die asiatischen Länder wachsen rasch, wogegen Afrika ein verlorener Kontinent ist, dessen ökologische Misere nur noch ärger wird. Der eigentliche Verlierer des nächsten Jahrtausends wird aber unser Planet selbst sein, wenn dem marktwirtschaftlichen System keine Zügel angelegt werden. "Nie zuvor hat es der Mensch so sehr in der Hand gehabt, seine Zukunft zu gestalten wie heute. Und nie zuvor waren derartig viele dringende Entscheidungen von einer einzigen Generation zu treffen." Ein lebendig geschriebenes, wichtiges Buch, insbesondere bezüglich seiner Erörterungen der "Nomaden", der Zentralräume und Peripherien und der Entwicklung der Marktformen. (Übersetzung: W R.)
Attali, Jacques: Millenium: Winners and Losers in the Coming World Order (Das neue Jahrtausend: Gewinner und Verlierer in der kommenden Weltordnung). Vorwort von Alvin Toffler. New York: Times Books 1991._ 130 S., $ 17.- (Leicht unterschiedliche Erstpublikation französisch als "Lignes d'horizon", Paris: Librairie Artheme Fayard 1990).