Vaclav Smil

How the World Really Works

Ausgabe: 2022 | 4
How the World Really Works

Vaclav Smil ist ein Wissenschaftler in den USA, der immer dann zornig wird, wenn jemand etwas behauptet, das Smils Meinung nach in keinen Zahlen seine Entsprechung findet. Nun hat er zu einem großen Schlag ausgeholt und ein Buch mit dem etwas ungeduldigen Titel How the World Really Works vorgelegt. Im Kern sagt Smil, dass die Welt tatsächlich einige echte Probleme habe, der Klimawandel steht dabei ganz vorne. Gleichzeitig seien die Vorschläge, wie der Klimawandel bekämpft werden solle, sehr oft völlig unrealistisch. Heißt das, dass wir den Kampf gegen die globale Erhitzung schon verloren haben? Das will Smil nicht vorhersagen, denn für die Zukunft habe er keine hinreichend stabile Datenlage, so der strenge Autor.

Es sei unmodern geworden, die fundamentalen Prozesse zu verstehen, wie wir uns auf der Welt mit Energie versorgen und wie wir zu haltbarem Material kommen. Diese Strukturen seien sehr stabil und sie können nicht einfach geändert werden. Die reichen Teile der Welt seien zwar durchaus in der Lage, einige beeindruckende Schritte zur Dekarbonisierung zu setzen. „But that is not the case with the more than 5 billion people whose energy consumption is a fraction of those affluent levels, who need much more ammonia to raise their crop yields to feed their increasing populations, and much more steel and cement and plastics to build their essential infrastructures.“(S. 43)

Fossile Energie und Nahrungsmittelproduktion

Ausführlich widmet sich Smil der Nahrungsmittelproduktion. Diese habe mehr mit fossiler Energie zu tun als uns lieb ist. Über Jahrhunderte hat man menschliche Arbeit durch Maschinen ersetzt. Sie zu betreiben und zu bauen basiert in aller Regel auf fossiler Energie,  die ebenso zur Herstellung der Düngemittel und zum Betrieb der Reinigungsanlagen nötig ist.

Das Umsteuern gegen den Klimawandel wird auch andere und zusätzliche Mengen an Rohmaterial benötigen. Windturbinen brauchen ungeheure Mengen an Stahl (Rotoren), Zement (Fundament), Kunststoffe (Rotorblätter), all das muss auch noch transportiert werden. Jedes Elektroauto ist das Endprodukt eines Prozesses, der mit insgesamt 225 Tonnen an Rohmaterial beginnt. (S. 101)

Jedes Umsteuern sei also nicht nur schwierig, sondern auch zu langsam, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, meint Smil. Der Autor wirft aber die Flinte nicht ins Korn: „But we can make a great deal of difference, not by pretending to follow unrealistic and arbitrary goals: all too obviously, history does not unfold as a computerized academic exercise with major achievements falling on years ending with zero or five; it is full of discontinuities, reversals, and unpredictable departures. We can proceed fairly fast with the displacement of coal-fired electricity by natural gas (when produced and transported without significant methane leakage, it has substantially lower carbon intensity than coal) and by expanding solar and wind electricity generation.“ (S. 197) Man könne auf SUVs verzichten, Elektromobilität entwickeln und die Energieeffizienz erhöhen.

Zur Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft

Vollständige Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft bis 2050 sei aber nur vorstellbar um den Preis wirtschaftlichen Rückschritts oder als das Ergebnis einer außerordentlich schnellen Veränderung, die auf „fast-magischen technischen Fortschritten“ aufbauen müsste. Aber wer wird die Transformation unseres Lebens angehen, wenn die notwenigen Technologien für das Neue noch nicht vorhanden sind? Die Kluft zwischen Wunschdenken und der Wirklichkeit sei gewaltig, schreibt Smil. (S. 6)

Etwas verunsichert liest man Smil, wie er mit seiner Überzeugung umgeht, dass das 1.5 Grad Ziel nicht mehr zu schaffen sei: 2045 sei noch weit entfernt, es mache wenig Sinn, jetzt schon zu sagen, wie das Ganze enden werde. „Being agnostic about the distant future means being honest: we have to admit the limits of our understanding, approach all planetary challenges with humility, and recognize that advances, setbacks, and failures will all continue to be part of our evolution and that there can be no assurance of (however defined) ultimate success, no arrival at any singularity – but, as long as we use our accumulated understanding with determination and perseverance, there will also not be an early end of days.“ (S. 226)