Katie Barnes liebt den Sport. Und verfolgt sehr genau die aktuellen Debatten über Geschlecht und Gender. Und natürlich stößt Barnes auf die Frage, ob die Aufteilung der Wettbewerbe auf Männer und Frauen eigentlich Sinn macht und was in diesem Zusammenhang fair ist.
Wir wissen, dass es viele Menschen gibt, die sich nicht mit dem aufgrund äußerlicher Merkmale bei der Geburt festgestellten Geschlecht identifizieren. In welchem Wettbewerb soll eine Person, die bei der Geburt als Mann klassifiziert wurde, sich jetzt aber als Frau identifiziert, als Transfrau, antreten?
Nein, hier wird keine Nebensache verhandelt, in der Debatte geht es ums Grundsätzliches. Und deswegen sieht Barnes auch genau hin und ist präzise in ihren Überlegungen. Was dabei gleichzeitig gelingt: Bei aller Präzision in der Abwägung der Argumente bleibt immer die sportliche Praxis im Blick. Nein, das Haus brennt nicht. Wir können es uns leisten, in Ruhe und genau zu überlegen.
Die Frage nach Fairness
Ein wichtiges Argument in der Debatte dreht sich um Fairness. Sind Frauen benachteiligt gegenüber Transfrauen? Barnes kennt die Beispiele in den USA, wo konkret bei Sportwettkämpfen diese Situation schlagend wurde. Und diese Erfahrungen zeigen, dass das Problem selten auftritt. Und natürlich sind Transfrauen schon oft im Wettkampf unterlegen. Fakt sei, dass Transgender-Frauen physiologische Vorteile haben können, wenn sie eine Testosteron-getriebene Pubertät hinter sich haben.
Dann wird eine gute Gegenfrage gestellt: Geht es im Sport denn jemals wirklich fair zu? Sind der Zugang zu Bildungseinrichtungen, zu Geld, zu Zeit und viele andere Faktoren nicht auch entscheidend, wenn man eine Sportkarriere machen will? Warum reden wir kaum darüber?
Barnes geht natürlich auf biologische Unterschiede ein, die ernst zu nehmen sind. Aber gerade deshalb kann zwischen der Lebensphase vor und nach der Pubertät unterschieden werden. Davor gebe es keinen Grund, beim Sport zu differenzieren.
Diese Genauigkeit führt auch zu einem präzisen Blick auf die verschiedenen Sportarten. In Mannschaftssportarten sind körperliche Faktoren relevant, aber nur ein Aspekt in einem Bündel von Fertigkeiten, die nötig sind, um erfolgreich zu sein. Und überhaupt: Machen wir nicht in der Regel Sport zur Erholung, für unsere Fitness? Hier gebe es erst recht keinen Grund, Transpersonen von irgendeinem Wettbewerb auszuschließen. Ernst nimmt Barnes das Argument, dass sich Frauen in den Kabinen unwohl fühlen könnten, wenn auch Transfrauen anwesend sind. Umkleidekabinen sollten ohnehin insofern verbessert werden, damit mehr Intimität möglich wird.
Sollte man alle Geschlechterschranken im Sport beseitigen?
Sollte man eventuell alle Geschlechterschranken im Sport beseitigen? Barnes hält das nicht für realistisch. „Selfishly, I enjoy women’s sports, so I would like to keep them. Also, global sport is sex separated, and trying to undo that is a fool’s errand“ (S. 238).