Eine Welt oder keine. Sozialethische Grundlagen

Ausgabe: 1996 | 2

Zukunft und Globalisierung sind, folgt man den Überlegungen des prominenten katholischen Sozialethikers Herwig Büchele, gewissermaßen siamesische Zwillinge. Die komplexe Dynamik des Systems Wissenschaft-Technik-Ökonomie, gegenwärtig von einer Logik der Macht-Konkurrenz, einer Politik des "kleineren Übels" und “Technopathischem Expansionismus" gekennzeichnet, steht jedoch auf tönernen Beinen: eine von doppelter Ausgrenzung - nach innen wie außen - geprägte Gesellschaft der Reichen, die ihr Interesse wesentlich auf Spekulation (pro Tag werden an den internationalen Finanzmärkten 1000 Mrd. Dollar transferiert) und Drogenhandel (dessen Gewinn ist vermutlich dreimal so hoch wie die Einnahmen der hundert größten Unternehmen der Welt!) gründet - um an dieser Stelle nur einige prägnante Aspekte des differenzierter vermittelten Dilemmas des Status quo zu vermitteln -, hat keine tragfähige Zukunft. Eine bestenfalls relativ störungsfreie Weltordnung zum Vorteil Weniger, einhergehend mit einer schleichenden Apokalypse und dem permanenten Risiko eines Weltbürgerkriegs verlangt nach grundsätzlich anders fundierten Denk-Handlungen: Die makroethischen Voraussetzungen einer globalen Weltordnungspolitik sieht Büchele in einer Ablöse der "verzweckten" Welt, die an die Stelle des "Um zu" das “Freisein". und im Bewußtsein des "Wir-Alle" auf die Bereitschaft zum Teilen setzt. In den Naturwissenschaften, so Büchele, "müßte eine Art kontemplativen Denken aufbrechen", im Ethisch-sozialen ginge es darum, eine "kreativ entbergende Haltung" zu entwickeln, die einheitsstiftende Zukunft schon im Gegenwärtigen entdeckt und zu Tage fördert, wobei der Kirche als "universalem ,Wir-Subjekt''' besondere Verantwortung zukomme. Als Konkretisierung dieses “neuen Denk-Handelns" skizziert der Autor nach kritischer Prüfung alternativer Modelle vier Komponenten einer "universalen Republik". Es sind dies die Demokratie vor Ort und in den kleinen Regionen, der föderale Nationalstaat, die "Gründung Kontinent" (als geopolitische Großordnung im Sinne etwa der EU) sowie die "plurale Weltautorität". Eine vom "Freund-Freund-Verhältnis" getragene Wirklichkeit, in der dem jeweils "relativ Besseren" als Umsetzung des utopischen Horizonts der Weg bereitet werde, sei durch eine "komponierende Ethik" zu verwirklichen. 

Daß Büchele in dieser dreiteiligen, auf eine Vorlesungsreihe zurückgehende Arbeit auf zentrale Aspekte einer besseren Zukunft - etwa der Neuordnung der Arbeit - nur kursorisch eingeht, ist bedauerlich, schmälert aber nicht den guten Gesamteindruck. WSp.

 

Büchele, Herwig: Eine Welt oder keine. Sozialethische Grundlagen angesichts einer ausbleibenden Weltordnungspolitik. Innsbruck (u.a.); Tyrolia (u.a.), 1996. 152 S