Ein System siegt sich zu Tode

Ausgabe: 1992 | 1

"Die Spezies Mensch hat das Projekt, sich die Erde untertan zu machen, fast abgeschlossen - mit überwältigendem Erfolg." Gerade jetzt aber feiert unser "selbstmörderischer Erfolgskurs" einen vermeintlichen Sieg. Mayer analysiert zunächst die zerstörerischen Kräfte des kapitalistischen Systems schonungslos und bietet im zweiten Abschnitt (Lesebuch) ergänzende Informationen. Carl Amery spricht in seiner Vorrede von Verblendung als einzig treffenden Terminus zur Definition unseres Bewusstseinsstandes und wünscht den Lesern "eine heillose Todesangst", die zum "panischen Abbruch des ganzen ,Fortschritts'-Theaters" führen möge. Dementsprechend widmet sich der Autor den Funktionsprinzipien des modernen Industriekapitalismus und ortet als Grundfehler volkswirtschaftlicher Kreislaufmodelle die Ausklammerung der Aneignung von Naturvermögen. Vehement und leidenschaftlich kritisiert er eine Weltwirtschaftsordnung, in der jährlich   mehr Mittel in Form von Zinsen und Rückzahlungen aus den Entwicklungsländern ab- als Entwicklungsgelder zufließen. Dies kommt einem Ausstieg aus der Verantwortung gleich, da alles den marktwirtschaftlichen Spielregeln unterworfen wird. Auch wenn die Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus durchaus benannt wird, sieht der Autor im ökologischen Umbau der Marktwirtschaft keine Lösung. Er versucht den Nachweis zu erbringen, dass diesbezügliche Hoffnung Selbstbetrug ist gesteht jedoch ein, dass es nicht möglich ist, dieser rationalen Erkenntnis konsequent Folge zu leisten. Er plädiert für die Einsicht, dass Korrekturen und Reparaturen nur mit dem Wissen erkämpft und genossen werden sollten, dass sie das Leben erleichtern, "aber nichts zur Lösung des Grundproblems beitragen, weil das wirkliche Problem solange nicht gelöst werden kann, wie wir uns eine Wirtschaft leisten, die von der Zerstörung der Biosphäre lebt". Für Mayer bleibt ein irrationaler Funke Hoffnung in einer echten Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, dem Übergang zu "nachhaltigem" Wirtschaften sowie in der Bewusstwerdung dessen, dass das, was uns kollektiv bedroht, viel schlimmer ist als alles, was uns als einzelnen passieren kann. Alfred Auer

Mayer, Lothar: Ein System siegt sich zu Tode. Der Kapitalismus frißt seine Kinder. Zur Diskussion gestellt von der E.-F.-Schumacher Gesellschaft für Politische Ökologie. Oberursei: Publik-Forum, 1992. 271 S. (Publik-Forum Dokumentation) DM 25,- / sFr 21,20/ öS 195