Die kriegerische Geschichte der Informationstechnik

Ausgabe: 1991 | 1

Sind wir denn nicht mehr zu retten? Ist menschliche Kreativität tatsächlich dazu verdammt, der Selbstvernichtung mit Präzision entgegenzusteuern? Wer Claus Eurichs Buch zur Hand nimmt, kann Fragen dieser Art keineswegs als pessimistische Rhetorik abtun. Nicht die Ansicht, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, macht diesen Text so aufwühlend und in mancher Hinsicht auch faszinierend: hier führt sich die Logik männlichen Taten- und Forscherdrangs selbst ad absurdum. Seit jeher - das zeigt diese faktenreiche und doch allgemeinverständlich ausgefallene Analyse - waren Information und Kommunikation die Kriterien der Machtausweitung und -erhaltung. Und fast durchwegs sind es militärische Interessen, die neuen Technologien den Weg bereiten, ehe sie auch für zivile Zwecke Verwendung finden. Dies gilt vom Signalfeuer bis zum Radar, von hochkomplexen Nachrichtensystemen der Gegenwart mit Namen wie ADA, NICS oder HEROS bis zu Konzeptionen "Kritischer Technologien" auf der Basis Künstlicher Intelligenz. Eurich zeigt, dass "Nachrichtentechnik Kriegstechnik ist", macht auf das tödliche Kalkül des militärisch-staatlichen-industriellen Komplexes aufmerksam und weist nach, dass die Entwicklung gegen die Interessen der Macht- und Geldbesessenen selbst läuft. Zum einen führt wachsende Leistungsfähigkeit der Systeme unausweichlich zu steigender Störanfälligkeit und Verwundbarkeit. Da Kriege in der Zukunft zudem mobiler, effektiver und unkalkulierbarer werden, können selbst Mega-Technologien wie SDl potentielle politisch motivierte Sabotagen auch in den Metropolen waffenstarrender Nationen nicht verhindern. Der Triumph militärischer Großtechnologie am Golf könnte die Spirale lebensvernichtender Kapazitäten hochschnellen lassen. Die auf globale Vernichtung zielende Logik dieses Denkens aufzuzeigen, ist notwendig, um der Eigendynamik der "Megamaschine" entgegenzuwirken. Was hier zu leisten wäre, ist nicht zuletzt vom Autor selbst an anderer Stelle dargelegt worden. Informationstechnik  Militärtechnik  

Eurich, Claus: Tödliche Signale. Die kriegerische Geschichte der Informationstechnik von der Antike bis zum Jahr 2000. Frankfurt/M.: Luchterhand Literaturverl., 1991.205 S. (SL; 968) DM 16,80 / sFr 14,20 / öS 131