Computerlogik

Ausgabe: 2001 | 2

Was würden Sie vorziehen: Mit einem Flugzeug zu fliegen, das von einem Computer gesteuert wird, oder mit einem Flugzeug, das von einem menschlichen Piloten gelenkt wird? Daniel Hillis, der ohne Zweifel einer der bedeutendsten Informatiker der Gegenwart ist, entscheidet sich für den menschlichen Piloten. Computer, sagt Hillis, sind merkwürdige Maschinen. Einerseits sind sie äußerst komplex, derart komplex, dass es unmöglich ist, die Gesamtheit der Abläufe in ihrem Inneren zu durchschauen. Andererseits sind sie äußerst einfach, denn im Wesentlichen sind sie nichts anderes als Maschinen zur Erzeugung von Ja-Nein-Unterscheidungen. Weil sie nichts weiter beherrschen müssen, sind für ihre Konstruktion lediglich zwei elementare Bauteile erforderlich: Schalter und Verbindungen. Die Schalter dienen dazu, die Signale „Ja“ und „Nein“ hervorzubringen, die Verbindungen dazu, die Signale von einem Schalter zum nächsten zu leiten. Woraus die Schalter und Verbindungen bestehen, ist dem Computer gleichgültig. Er würde sich zur Not auch mit Wasserleitungen und Ventilen oder Seilen und Stöcken begnügen. Der Computer hat allerdings eine entscheidende Schwäche: Weil seine  Komponenten streng hierarchisch organisiert sind, ist er zu einem starren und stereotypen Verhalten verdammt. Außerdem ist er störungsanfällig, denn schon der Ausfall einer einzigen seiner Komponenten kann ihn völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Mittlerweile gibt es allerdings eine neue Methode, Computer zu programmieren und zu konstruieren. Sie besteht darin, die biologische Evolution im Computer zu simulieren. Hierbei lässt man einen Zufallsgenerator Programme erzeugen, die immer wieder abgewandelt und getestet werden. Da man jeweils nur diejenigen Versionen noch weiter abwandelt, die sich als die tauglichsten erwiesen haben, werden die Programme von Generation zu Generation besser. Hillis hat dieses Verfahren selbst angewandt und dabei eine eigentümliche Erfahrung gemacht. Das Programm, das er auf diese Weise entwickelte, funktioniert sehr gut, auch wenn er nicht erklären kann, warum dies so ist. Doch für Hillis ist auch das ein gutes Zeichen. Denn wie das menschliche Gehirn funktioniert, weiß man schließlich auch nicht genau. Aber für seine Erzeugung hat sich die Natur Millionen von Jahre Zeit gelassen. Und deshalb, so der Autor, ist es nach wie vor vernünftig, sich einem Flugzeug anzuvertrauen, das von einem Piloten aus Fleisch und Blut gesteuert wird.

Daniel Hillis arbeitet die Logik und Funktionsweise des herkömmlichen Computers verblüffend anschaulich heraus. Er macht darüber hinaus deutlich, dass sich die Computer der Zukunft von den heutigen fundamental unterscheiden könnten. Konstruiert nach dem Vorbild lebender Systeme, würden sie der Lern- und Anpassungsfähigkeit des Primatengehirns ein erhebliches Stück näherkommen. F. U.

Bei Amazon kaufenHillis, Daniel: Computerlogik. So einfach arbeiten Computer. München: C. Bertelsmann, 2001. 192 S., DM 38,- / sFr 35,- / öS 277,-