Die Grünen zu Beginn der neunziger Jahre

Ausgabe: 1992 | 3

Ökologie, Abrüstung, Sozialismus - nach den Autoren die drei Eckpfeiler der deutschen Grünen - hätten an Wählerattraktivität verloren: ökologische Themen würden nun von allen Parteien aufgegriffen, die Abrüstung besorge der Wegfall der Ost-West-Konfrontation und der Sozialismus sei diskreditiert. Neben der langen Ablehnung der deutschen Vereinigung durch die Grünen zeichneten diese gesellschaftspolitischen Veränderungen verantwortlich für die Wahlniederlage der West-Grünen bei der Bundestagswahl 90, so eine der Analysen des Buches, das Geschichte, Organisation, innerparteiliche Willensbildung, Finanzen, Programmatik, parlamentarische Praxis sowie Wähler- und Mitgliederstrukturen der Partei überblicksartig dokumentiert und analysiert. Ein interessantes Detail zu den Finanzen: Die laut parteiinterner Regelung bis zu 3/4 aus Spenden der Grün-Parlamentarierlnnen gespeisten Ökofonds, die seit ihrer Gründung 1983 über 3500 alternative Projekte und Initiativen gefördert haben, bildeten ein wichtiges Instrument, jenes "alternative Milieu" zu stärken, aus dem sich die Grün-Wählerlnnen mehrheitlich zusammensetzten. Die Autoren, Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, bescheinigen den Grünen trotz der Niederlage von 1990 den erfolgreichen Weg zur weiteren Etablierung, da sich die "Realos" innerparteilich durchsetzen werden; das rasche Zusammengehen mit den Ost-Grünen nach der Bundestagswahl wird als eines der Indizien dafür gewertet. Als Messlatte dienen freilich immer die etablierten Parteien und das gegenwärtige System der repräsentativen Demokratie, das kritiklos und unhinterfragt postuliert wird. Dies erklärt wohl auch den Seitenhieb im Zusammenhang mit dem von Grün-Aktivistinnen nach wie vor eingeforderten Recht auf zivilen Widerstand auch gegen die Staatsgewalt, was "bis heute Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grünen angebracht" erscheinen lasse. H. H.

Veen, Hans-Joachim; Hofmann, Jürgen: Die Grünen zu Beginn der neunziger Jahre. Profil und Defizite einer fast etablierten Partei. Bonn (u.a.): Bouvier, 1992. 1795., DM 38,- / sFr 32,20 löS 296,40