Der Weg. Ein ökologisches Manifest

Ausgabe: 1996 | 4

Selbst nach Auskunft des Autors bereitet es einige Mühe, den Pfad seiner philosophisch abstrakten und tiefgründigen Argumentation von Anfang bis Ende zu durchwandern. Wer sich indes die Mühe macht, den "Weg" auf fast 500 Seiten zu beschreiten, der wird mit interessanten und teils radikalen Ausführungen zu den Grundprinzipien einer ökologischen Weltanschauung reichlich belohnt. Für Edward Goldsmith, den Verleger und Chefredakteur von „The Ecologist", der 1991 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ist eine neue Weitsicht im Hinblick auf die Bewohnbarkeit unseres Planeten von geradezu existentieller Bedeutung. Die Bezeichnung "Weg" bringt für ihn zwei fundamentale Prinzipien ursprünglicher, archaischer (erdverbundener) Gesellschaften zum Ausdruck: Die Lebenswelt oder Ökosphäre ist die Quelle für alle Gewinne. Sie werden uns aber nur zuteil, "wenn wir ihre kritische Ordnung erhalten". Diese Aufgabe sei unser vordringlichstes Ziel.  Goldsmith kritisiert zunächst in einer Tour d'horizont die modernistische Weitsicht - die wissenschaftlichen Paradigmen der Ökologie und anderer Naturwissenschaften, der Anthropologie sowie der Geschichte und Philosophie - die mit der Kreativität der lebendigen Welt keineswegs vereinbar sei. Ausgehend von J. Lovelocks Gaia-These, entwickelt der Autor weitreichende und äußerst kämpferische Vorstellungen einer ökologisch ausgerichteten Praxis der politischen Aktion, wenn er beispielsweise meint: "Wir müssen uns daran machen, die Hauptinstitutionen des industriellen Systems - den Staat, die Unternehmen - und die Wissenschaft und die Technologie, die sie verwenden, um Gesellschaft und Naturwelt umzuformen, zu bekämpfen und systematisch zu schwächen." Die Institution der Familie und Wertschätzung der Gemeinschaft hingegen sind ebenso wiederzuerschaffen wie eine lokale und vielfältige Wirtschaft. Goldsmith fordert ein "homöotelisches Verhalten" und meint damit eine ökologisch tragfähige Lebenshaltung im Sinne Gaias. Die Stärke des Autors ist zweifellos die kenntnisreiche Beschreibung vieler Zusammenhänge sowie die umfassende Neuinterpretation der Moderne in Richtung ökologische Weltanschauung und weniger den Versuch, konkrete Lösungen vorzuschlagen. Seine Hoffnung, "daß die ökologisch fundierten Revitalisierungsbewegungen der Zukunft versuchen werden, ihre Ziele in der wahren Tradition Gandhis zu erreichen", sieht er u.a. in der “Deep Ecology-Bewegung" oder der “Earth First-Bewegung" in den USA begründet. A. A.

Goldsmith, Edward: Der Weg. Ein ökologisches Manifest. München (u.a.): Bettendorf, 1996. 489 S.