Walter Neussel (Hg.)

Verantwortbare Landwirtschaft

Ausgabe: 2022 | 2
Verantwortbare Landwirtschaft

„Der menschliche Verstand ist kaum in der Lage nachzuvollziehen, was es für die jährlich rund 50 Milliarden Tiere bedeutet, ihr ganzes Leben in Tierfabriken zu verbringen, die sie nur verlassen, um geschlachtet zu werden.“ So Peter Singer, eine Stimme der modernen Tierrechtsbewegung im Vorwort. (S. 9). Herausgeber Walter Neussel, zitiert eine Umfrage, der gemäß sich 80 Prozent aller Deutschen mehr Tierwohl wünschen, und fügt hinzu: „Gute Absichten allein helfen aber nicht weiter.“ (S. 13) Notwendig sind neue Allianzen für politische Veränderungen, die eine „verantwortbare Landwirtschaft statt Qualzucht und Qualhaltung“ - so der Titel des Bandes - ermöglichen. Ernst Ulrich von Weizsäcker ergänzt in seinem Vorwort einige Zahlen, etwa: Rund vier Fünftel der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen stammen aus der Tierhaltung. 
Die Beiträge des in Zusammenarbeit mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht und den Tierärzten für verantwortbare Landwirtschaft erstellten Buches machen deutlich, dass die Zunahme von Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, zwar hilfreich ist, aber nicht genügt. Es braucht neue verbindliche Regeln, Auflagen, Beschränkungen und Verbote zur Unterbindung von Tierleid – auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Dabei stehen wir nicht am Anfang. Mit „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ und „Politik für eine nachhaltige Ernährung“ liegen Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vor. Auch die für das Buch verantwortlich zeichnenden Tierschutzverbände treten immer wieder mit Gutachten und Forderungen an die Öffentlichkeit, wie dargelegt wird. Ein wichtiger, längst überfälliger Band mit Beiträgen über Missstände in der industriellen Geflügel-, Schweine- und Rinderhaltung, über „Qualtransporte“, Umweltzerstörung, gesundheitliche Folgen auch für die Menschen, nicht zuletzt als Gefahr für die Ausbreitung von Pandemien. Neben der Politik werden auch Tierärzt:innen in die Pflicht genommen, Ernährungs- und Ethikräte gefordert sowie ein Umdenken der Lebensmittelwirtschaft eingemahnt. „Qualhaltung“ trifft dabei viel besser als der meist verwendete Begriff der Massentierhaltung, der nur auf die Größe der Betriebe zielt.