Beschäftigungspolitik in der Krisenregion norddeutsche Küste

Ausgabe: 1988 | 2

Neben den Kommunen des Ruhrgebietes ist vor allem die norddeutsche Küstenregion von der Arbeitslosigkeit betroffen: Arbeitsämter in Ostfriesland führen schon jeden vierten Einwohner in ihrer Kartei und mit derzeit 600.000 Arbeitslosen liegt die Quote doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. In einer von der Hans-Söckler-Stiftung unterstützten Studie haben Mitarbeiter des GEWOS-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnungsforschung, Hamburg, die wirtschaftliche Situation der Küstenregion analysiert, die Strukturpolitik der Länder kritisch unter die Lupe genommen und, darauf aufbauend, das Programm "Arbeit und Umwelt in der Küstenregion" mit konkreten Zielvorstellungen und politischen Leitlinien entwickelt.

Die gewerkschaftlich orientierten Verfasser kommen zu der Ansicht, daß die Wirtschaftspolitik der Region überwiegend an überholten, rein quantitativ ausgerichteten Vorstellungen orientiert ist, und politische Kompetenzbereiche die notwendige Zusammenarbeit eher hindern denn fördern. Der auch längerfristig nicht zu behebenden Strukturkrise der Werften durch Modernisierung und Ausbau dieses Bereichs begegnen zu wollen, wird als Beispiel verfehlter Planung herausgestellt. Dagegen favorisieren die Autoren ein Investitionsprogramm "Arbeit und Umwelt", das etwa 50 Mrd. DM kosten würde. Mit diesen Mitteln ließen sich regional differenzierte Konzepte zur Reinhaltung von Wasser, Luft und Boden, Modelle zur Abfallbewirtschaftung, Verkehrskonzepte, Grünordnungspläne sowie Ansätze der (ökologischen) Dorf- und Stadterneuerung finanzieren.

Die Studie skizziert im folgenden konkrete Investitions- und Handlungsperspektiven für die Küstenregion, wobei die Gebietskörperschaften Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen im Einzelnen dargestellt sind. Abschließend werden Möglichkeiten der Finanzierung dieses umwelt- und beschäftigungspolitisch weitreichenden Programms diskutiert, das radikal mit überholten Strukturen bricht: Die Einschränkung der Rüstungsproduktion zu fordern, verlangt etwa in Kiel nach guten und überzeugenden Argumenten, wo jeder dritte Arbeitsplatz zumindest indirekt von dieser Branche getragen wird.

Die Tatsache, daß Investitionen in Bereiche der Umwelt neue Arbeitsplätze schaffen, vor allem aber die Lebensqualität aller entscheidend verbessern könnten, sollte von Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmerseite in stärkerem Maß bedacht werden. Hier sind in der Tat Forderungen gestellt, die traditionelle Gegensätze in Anbetracht gemeinsamer Interessen als historisch überholt erscheinen lassen.

Arbeit für eine Krisenregion. Regionale Beschäftigungspolitik am Beispiel eines "Beschäftigungsprogramms Küste". Hrsg. v. Werner Loewe u. Kurt Wand. Köln: Bund-Verl., 1988.247 S. DM 34,- / sfr 28,80 / öS 265,20