Information. Technologie. Macht. Krieg - ars electronica ‘98

Ausgabe: 1999 | 1

Die Informationstechnologie ist wie keine andere präzise und flexibel konstruiert, um den Anforderungen sowohl der „kalten” wie der „heißen” Kriegsführung als auch ihrer „zivilen” Ausformung zu dienen. Das belegt sowohl diese informative Vorauspublikation als auch das Symposium „Information. Macht. Krieg” im Rahmen der „ars electronica ‘98” in Linz. Es kommen Militär- und Sicherheitsexperten u. a. aus dem „US Air War College“, aus Rußland und China ebenso zu Wort wie kritische Wissenschafter. Michael Geyer etwa zitiert Martin Lipicki: „...das Bluffen und Verwirren von Sensoren (nachrichtendienstgestützte Kriegsführung), das Stören und Verstümmeln von Nachrichten und das Ausschalten von Kommandozentralen (elektronischer Krieg), das Zersetzen und Gegen-sich-selbst-Wenden von Prozessoren (Hackerkrieg), die Entmutigung, Besänftigung und Verwirrung gegnerischer Truppen und Entscheidungsträger (Psycho-Operationen)...” (S. 165) sind Aspekte dieser datenorientierten Kriegsführung.

Bezeichnend ist der Weg, den Paul Virilio vom Analytiker des Geschwindigkeitsrausches zum Kritiker der kriegsfördernden Medien bis zu den Teletechnologien nahm. Nachvollziehbar wird zudem, daß eben diese (und weitere) Bedrohungsbilder dem Interesse der Sicherheitsapparat dienen, um allzu engagierte Bürger und ihre Initiativen umfassender zu überwachen. Ute Bernhardt durchleuchtet mit ihrem Bonner „Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung“ (FIfF) zivil-militärische Einschränkungen der Bürgerrechte und plädiert für den Gegenangriff: „Wenn Militärs zu Hackern werden, wenn Kryptographie - das Verschlüsseln von Daten - als staatsgefährdend verboten werden soll und systemimmanente Programmierfehler sowie die Hilflosigkeit der Verwaltungen, die Bürger um das Jahr 2000 zu Zivilschutzmaßnahmen zwingen, wird sichtbar, wer durch wen bedroht wird (S. 154f.).

Die Sorge, daß Störfälle bei Atomraketen und -kraftwerken katastrophale Auswirkungen haben könnten, wird auch von Experten geteilt. Wie unwirksam hingegen die bislang entwickelten Kontroll- und Steuerungsinstrumente sind, belegen auch zwei Beiträge über globale elektronische Finanzmärkte und die Ostasienkrise. Nicht zu vergessen auch der „Datenmüll”, der sich mit dem Sondermüll aus Forschung, Produktion und Computeranwendung zu gefährlichen Altlasten in und unter dem „Globalen Dorf” ansammelt. Würde sich nicht eine wachsende Zahl von Initiativen zu weltweiten Netzwerken zusammenschließen, um u. a. bisher geheimgehaltene Informationen zu veröffentlichen, könnte die Einschüchterungstaktik von sich allmächtig gebärdenden Institutionen wohl weiter ungestört etablieren. M. Rei.

Information. Macht. Krieg. Hrsg. v. Gerfried Stocker ... Wien: Springer, 1998. 336 S., DM 57,- / sFr / öS 398,-