Zur Archäologie der Entwicklungsidee

Ausgabe: 1992 | 3

Die hier abgedruckten Karikaturen aus der Dritten Welt lassen in ihrer Aussagekraft nichts zu wünschen übrig, artikulieren sich darin doch die Stimmen der Armen und Unterdrückten. Neben den v.a. aus Südamerika und Indien stammenden Zeichnungen verdienen die originellen Essays von W. Sachs Beachtung. Sein Vorschlag, sich an eine Archäologie der Entwicklungsidee zu machen, "um sie als Denkmal einer abdankenden Ära würdigen zu können", mündet in einer begründeten Ablehnung der herkömmlichen Entwicklungspolitik.   Zunächst kritisiert Sachs die in vielen Berichten über den Zustand des Planeten (Gala-Atlas. Worldwatch Institute Report, Jahrbuch des World Ressources Institute u.a.) vorgeschlagene Politik eines weltweiten Ressourcen-Managements: "Sie ignoriert die Option der Selbstbegrenzung und beschränkt sich darauf, eine neue Ära der Effizienz zu predigen." Es wird suggeriert, ein Ausweg wären weniger schädliche Mittel, mehr Energieeffizienz und Öko-Management. Gerade das stetige Wachstum und die Rationalisierung der Welt stellt der Autor in Frage, denn dadurch werde die universale Herrschaft des ökonomischen Weltbildes gefestigt. Die Kluft zwischen der" Magie des Fortschritts" und des ihm zugrundeliegenden Systems hat für die Entwicklungsländer fatale Folgen. Die modernen Errungenschaften funktionieren nämlich nur, "wenn weite Teile der Gesellschaft sich nach Plan verhalten und Eigensinn wie Zufall, bis auf einige Reservate für Spontaneität, ausgeräumt sind". Dementsprechend müssten die Gesellschaften der Dritten Welt nach zweckfunktionalen Erfordernissen umgestaltet werden, wenn der Transfer von Technologien nicht folgenlos bleiben soll. Sachs hält es für einen epochalen Fehler, den Zusammenhalt der Welt in ihrer Verwestlichung zu suchen. "Manch einer wird sich fragen, ob die Bekehrung zum sach-zentrierten Weltbild wirklich der geschichtlichen Weisheit letzter Schluss war." Sein Credo: Gesucht sind Gesellschaften, "die ihr Herz nicht an ökonomische Großleistungen hängen", sondern vielmehr einen. sorgfältigen Umgang mit den verfügbaren Mitteln und eine Beschränkung der Bedürfnisse als selbstverständlich erachten. Alfred Auer

Sachs, Wolfgang: Zur Archäologie der Entwicklungsidee. Mit Karikaturen aus der Dritten Welt. Hrsg. v. K. Friedrich Schade. Frankfurt/M..: Verl. f. Interkult. Kommunikation, 1992. 105 S., DM 26,80/ sFr 22,70/ öS 209