Mensch sein bedeutet über Vergangenheit und Zukunft nachzudenken. Neben jedem Individuum beschäftigen sich insbesondere PrognostikerInnen, KünstlerInnen, WirtschafterInnen, ZukunftsforscherInnen und andere WissenschaftlerInnen damit, wie unsere Welt in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten aussehen könnte.
Tommy Laeng listet 56 solcher Visionen in chronologischer Reihenfolge auf. Er beginnt bei Hieronymus Boschs Triptychon „Der Garten der Lüste“, das um 1500 entstand, berichtet später über Walter Jonas‘ Traum vom pilzförmigen Haus im Dschungel Brasiliens und endet mit einem Ausblick auf aktuelle Fantasien für „übermorgen“ wie die Eroberung des Mars oder die Bekämpfung des Klimawandels. Die „Zukunftsträume“ ergänzen Grafiken von Klaus Bürgle, Zitate der Zukunftsvorstellungen und Phraseologismen passend zum Thema. Als „das erste ultimative Buch über Zukunftsträume“ (S. 11) und als „Retro-Futurismus pur“ (S. 12) bezeichnet Alexander Seibold diese Zusammenstellung in seinem Vorwort. Jeder Traum wird nach einer kurzen Beschreibung auf seine Realitätsnähe und Umsetzbarkeit geprüft und abschließend von Laeng bewertet. Das „Kaufhaus der Zukunft“ (S. 61) hält er für „einen schönen Traum“ (S. 63), und zur fliegenden Autofähre bekundet er wehmütig: „Auf diesen Traum müssen wir leider noch ein Weilchen warten.“ (S. 72)
Auch Robert Jungks Schaffen widmet sich Laeng. Dabei unterstellt er dem Publizisten, dieser hätte „die Zukunft (…) mit dem Computer (…) berechnen“ (S. 132) wollen. Und weiter urteilt er: „In Robert Jungks Zukunftsvisionen kommen Gefühle der Menschen nicht vor“ (S. 133). Alles in allem ist der Artikel zu Robert Jungk ein einziger Widerspruch und schlichtweg falsch, was auch Zweifel hinsichtlich anderer Porträts nahelegt.
Laeng wollte zum Träumen anregen und hätte in diesem Sinne wohl besser einen Science-Fiction-Roman entworfen. Zwar erhebt der Autor keinen wissenschaftlichen Anspruch, doch der angestrebte „augenzwinkernde (…) Blick (…) auf Opas Visionen von der Zukunft“, der „Menschen für die Zukunft (…) begeistern“ (S. 12) soll, erwirkt leider das Gegenteil: Eine Lobrede auf die Technikfantasien der Vergangenheit, auch wenn diese zum Teil ironisch geschmückt ist, kann aus heutiger Sicht bestenfalls als Warnung dienen und wird wahrscheinlich nur die Fans des Retro-Futurismus erfreuen. A. P.
Laeng, Tommy: Zukunftsträume von gestern, heute, übermorgen. Berlin: Lit Verl., 2012 (2. Aufl.) 240 S., € 19,90 [D], 25,50 [A], sFr.29,85
ISBN 978-3-643-10675-9