In der BRD gibt es gegenwärtig an die 1000 Institutionen, die sich der wissenschaftlichen Analyse von Vergangenheit und Gegenwart widmen, hingegen nur ein öffentlich gefördertes Institut für Zukunftsforschung (ZF). Kaum verwunderlich also, dass Rolf Kreibich die aktuelle Lage der ZF als" katastrophal" bezeichnet. Die vielfältigen, im internationalen Vergleich jedoch allesamt kurzlebigen Bemühungen um eine Etablierung der Disziplin, die Kreibich in einem ersten (und zu vertiefenden) Überblick bietet, verweisen nicht zuletzt auf das gesellschaftspolitische Klima, das offensichtlich langfristigen und sozial innovativen Zukunftsentwürfen keinen Raum gibt. Während Kreibich ZF als übergreifend-vernetzend, gestaltungs- und handlungsorientiert.' gesellschaftsbezogen und normativ-spekulativ charakterisiert, lehnt der Politiker Christoph Zöpel das "unhistorische Malen neuer Zukünfte" mit Verweis auf die Notwendigkeit staatlicher Handlungsfähigkeit ab. Den Abschnitt zur "deutschen Lage" ergänzt eine von Weert Canzler durchgeführte Befragung von 27 Experten aus dem deutschen Sprachraum. Kaum verwunderlich, dass das weite Spektrum der Wünsche den Eindruck bestätigt, dass Zukunftsorientierung dem vielfältigen Angebot eines Gemischtwarenladens gleicht, dem jeder entnimmt, was ihm gefällt. Methodische Vielfalt verbunden mit pragmatischer Ausrichtung kennzeichnet hingegen die Situation der Zukunftsforschung in der Schweiz. Die Vernetzung der "Szene", die staatliche Nachfrage, universitäre Einbettung, private und wirtschaftliche Aktivitäten umfasst verweist auf die hohe Akzeptanz der ZF in diese~ Land .. Mit einer knapp gehaltenen Darstellung der wichtigsten (Regierungs-)Programme und -Kommissionen sowie bedeutender und international anerkannter Institutionen (Duttweiler-Institut, PROGNOS AG u.a.) bietet der Abschnitt auch Adressen und Literaturhinweise. Peter H_Moll gibt eine entsprechende Übersicht zur Geschichte und aktuellen Situation in Frankreich und Schweden, wobei schwerpunktmäßig die Aktivitäten von „Futuribles" bzw. des "Sekretariats/Instituts für Zukunftsstudien" beschrieben werden. Ein über 60 Einträge umfassender Adressenteil mit Kurzbeschreibungen wichtiger Einrichtungen aus aller Welt und ein Votum Ossip K. Flechtheims für die Attraktivität der Utopie eines humanen Sozialismus beschließen den Band.
Zukunftsforschung und Politik in Deutschland, Frankreich, Schweden und der Schweiz. Rolf Kreibich ... (Mitarb.) Weinheim (u.a.): Beltz, 1991.410 S. (Zukunfts-Studien; 3) DM 30,- / sFr 25,40 / öS 234