Bill Gates

Wie wir die Klimakatastrophe verhindern

Ausgabe: 2021 | 3
Wie wir die Klimakatastrophe verhindern

Die Melinda und Bill Gates-Foundation ist bekannt für die Finanzierung von humanitären Projekten in den Ländern des Südens, vor allem im Gesundheitsbereich. Dass sich der Microsoft-Gründer auch im Klimaschutz engagiert, dürften wohl weniger Menschen wissen. Darum hat er nun ein Buch dazu geschrieben. In Wie wir die Klimakatastrophe verhindern beschreibt Gates, wie wir mit neuen Technologien den Ausstoß der Treibhausgase bis zur Mitte des Jahrhunderts auf null bringen können. Denn 51 Milliarden Tonnen Treibhausgase (in CO2eq) werden gegenwärtig jährlich in die Atmosphäre abgegeben. „Von 51 Milliarden auf null“ lautet daher das Ziel.

Veränderungsbedarf in Zahlen

Für Gates ist unumstritten, dass der Klimawandel menschengemacht ist und dass die reichen Länder die Hauptverursacher sind. Er hält sich daher nicht lange bei den Ursachen der Klimaerwärmung auf, sondern rechnet für alle Sektoren den Veränderungsbedarf sowie die zu ergreifenden Maßnahmen durch. Anders als in den meisten Klimadebatten, die sich meist um Mobilität, Transport, Heizen und Stromversorgung drehen, lenkt Gates dabei den Blick auch auf den Bereich „Industrieproduktion“, den er für 31 Prozent der jährlichen 51 Mrd. t Treibhausgase verantwortlich macht, sowie auf „Landwirtschaft und Ernährung“ mit einem 19-Prozent-Anteil an den globalen Klimaemissionen. Transport und Verkehr werden mit 16 Prozent, die Stromerzeugung mit 27 Prozent und Kühlen und Heizen mit 7 Prozent Anteil veranschlagt. Gates‘ Vorschläge beziehen sich vor allem auf die USA und sind nicht immer neu. Aber sie klingen pragmatisch, zielstrebig und kostenorientiert. Dazu kann Bill Gates gut verständlich und mit überzeugenden Bildern erklären, warum wir jetzt handeln müssen. Wichtig ist dem Ex-Unternehmenschef vor allem, die Kosten für neue Technologien, den von ihm so benannten Ökozuschlag, zu senken, wie das bereits bei der Photovoltaik und der Windkraft gelungen ist. Noch ist Ökostrom teurer als Strom aus fossilen Brennstoffen. Den Preisunterschied rechnet Gates detailliert für sämtliche Bereiche der industriellen Produktion und des individuellen Konsums vor. Gelingt es, den Ökozuschlag drastisch zu reduzieren und erneuerbare Energien gleich teuer oder sogar billiger als fossile Energien zu machen, werden sie sich, so Gates, weltweit durchsetzen.

Erwartungsgemäß setzt Gates vor allem auf technologische Lösungen. Er fordert breite öffentliche und private Investitionen nicht nur in erneuerbare Energieträger, sondern auch in Speicher- und Umwandlungstechnologien, in den Wasserstoffsektor sowie in die CO2-Abscheidung. Verfahren, die in der Umgestaltung der Industrie auf Klimaneutralität unumgänglich seien. Entsprechend werden eigene Kapitel der Stahl-, Zement- und Kunststoffproduktion gewidmet, den größten Treibhausgas-Emittenten im Industriesektor. Der Schlüssel liegt für Gates in klimaneutraler Energiebereitstellung – ein Grund, warum er (wie andere mittlerweile auch) auf eine neue Generation von Mini-Atomkraftwerken mit angeblich bedeutend weniger Atommüll setzt (in einem neuartigen Laufwellen-Reaktor oder auch Flüssigsalz-Reaktor kann zugleich alter sogenannter „Atommüll“ mitverarbeitet werden. Dadurch – so die Hoffnung – solle langfristig nicht nur Energie nutzbar gemacht werden, sondern es könnte auch das ungelöste Problem der Lagerung und des Verbleibs von Atommüll aller Kernreaktoren herkömmlicher Bauart ein für alle Mal geklärt sein. Bereits im Jahr 2015 hatte TerraPower eine Vereinbarung mit der China National Nuclear Corporation über den Bau eines Prototyps einer 600-Megawatt-Reaktoreinheit in der chinesischen Provinz Fujian bis zum Jahr 2025 geschlossen).

Und man erfährt, wo der Microsoftgründer überall investiert, um Innovationen voranzubringen: neben besseren Speichertechnologien und den besagten neuen Industrieprozessen beispielsweise setzt er Kapital auch in „Fleischalternativen“ (Startup „Beyond Meat“), um die Ernährungswende voranzubringen.

Die Regeln so verändern, dass neue Technologien wettbewerbsfähig werden

Man kann dem Autor vorwerfen, dass er den Wohlstand der reichen Länder nur begrenzt in Frage stellt und viel von technologischen Durchbrüchen erwartet. Die Vorschläge sind jedoch immer mit Zahlen unterlegt (ein Unternehmer rechnet eben) und die weißen Flecken der Forschung werden keineswegs geleugnet. So könnte es Gates durchaus gelingen, zu der notwendigen Infrastrukturwende beizutragen. Unter den politischen Vorgaben sieht der Unternehmer – wie die Klimaforschung – die Verteuerung des Ausstoßes an Treibhausgasen als zentral an. Es gehe darum, die „Regeln so zu verändern, dass neue Technologien wettbewerbsfähig werden“ (S. 256).