„Wie gehen Regionen mit Krisen um? – so die Fragestellung einer Studie der Österreichischen Regionalberatung, die das Konzept der Resilienz, also der Widerstandskraft, auf die Steuerungsfähigkeit von Regionen überträgt und dafür die vornehmlich englischsprachige Literatur rezipiert. Als regionale Krisenfestigkeit definieren Robert Lukesch, Harald Payer und Waltraud Winkler-Rieder „die Fähigkeit einer Region, interne und externe Störungen durch Wandlungsprozesse zu absorbieren, so dass die für das Gedeihen und die nachhaltige Entwicklungsfähigkeit der Region wesentlichen Funktionen, Strukturen und Beziehungen aufrecht bleiben“ (S. 11). Drei Erscheinungsformen resilienter Regionen werden dabei unterschieden: Eine Region bleibt im Gegensatz zum Vergleichsraum von der Krise verschont (1), sie erholt sich rasch von der Krise (2) oder sie wird von der Krise nur begrenzt erfasst (3). Resilienz ist in diesem Sinne nicht als „Daseinsform, sondern als unaufhörlicher Anpassungsprozess zwischen System und Umwelt“ (S. 14) zu begreifen. Entscheidend sei die Frage: „Gegen welche Art von Störungen habe ich vorgesorgt, und wie steht es mit meinen Ressourcen im Fall einer unerwarteten Störung?“ (ebd.) Idealtypisch wird dabei in diesem permanenten Anpassungs- und Wandlungsprozess von einem vierphasigen Adaptionszyklus ausgegangen: einer „Wachstums- und Nutzungsphase“ folge die „Schutz- und Erhaltungsphase“, dieser die „Zerstörungs- oder Übergangsphase“, welche schließlich wieder in eine „Reorganisations- oder Erneuerungsphase“ führe (S. 19). Die Gefahr bestehe nun vor allem darin, dass Regionen schleichende Veränderungen von Umweltvariablen in der Phase des Erfolgs übersehen: „Lange Perioden der Krisenfreiheit versetzen Akteure in den Glauben, dass sie unverwundbar seien. Sie erstarren in der Routine.“ (S. 15) Positiv formuliert: „Kreative Destruktion und Erneuerung werden zur Grundbedingung der Stabilität.“ (S. 23)
In Anlehnung an die Resilienz von Organisationen werden vier besondere Eigenschaften benannt: Robustheit (bei Turbulenzen dem eigenen Kern treu bleiben können), Redundanz (Vorrat an materiellen, Wissens- und Beziehungsreserven anlegen), Ressourcenorientierung (Fähig- keit, in Krisen Ressourcen zu mobilisieren) sowie Reaktionsschnelligkeit. Daraus ist – so das AutorInnenteam – die „Vulnerabilitätslandkarte“ der Europäischen Kommission (Konzept „Regionen 2020“) entstanden. Dieser liegen vier Herausforderungen für Regionen zugrunde Grunde: Globalisierung, Demographie, Klimawandel und Energie (S. 33).
Die Studie gibt eine gute Einführung in die theoretischen Grundlagen der Krisenresistenz von Regionen. Interessant sind aber auch die Anwendung der Resilienzfaktoren auf drei ausgewählte österreichische Regionen sowie die abschließend formulierten Hypothesen: Etwa dass Resilienz aus „harten“ (Sach- und Finanzkapital) und „weichen“ Faktoren (Sozialkapital) entsteht; das die Region und ihre Resilienz als Gemeingut begriffen werden müssen, das weit über kurzfristige Effizienz hinausreicht; dass Identität nur unter den Bedingungen ihrer eigenen Transformierbarkeit stabil sein kann; dass Resilienz insbesondere durch soziale Kompetenz und Kooperationsfähigkeit gefördert wird, was entsprechende Governance-Strukturen erfordere. Für Zukunftsfähigkeit generell wird die frühzeitige Wahrnehmung langfristiger und schleichender Veränderungen, die permanente Reflexion der eigenen Entwicklung als „gemeinschaftliche Aufgabe“ sowie das Zulassen und Lernen aus Fehlern nach dem Motto „Fail early to learn quickly“ (S.97f.) formuliert. H. H.
Lukesch, Robert; Payer, Harald; Winkler-Rieder, Waltraud: Wie gehen Regionen mit Krisen um? Eine explorative Studie über die Resilienz von Regionen. Wien: ÖAR, 2010. 118 S. Download:
www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=39673