Vom Recht der Tiere

Ausgabe: 1997 | 4

Das geklonte Schaf Dolly, der Rinderwahnsinn BSE, das Artensterben sind einige aktuelle Symptome für das problematische Verhältnis des Menschen zum Tier. Precht, Essayist und Journalist mit philosophischem Hintergrund, nimmt diese Fälle zum Anlaß, um quer durch zahlreiche Disziplinen die Strukturen unseres Naturverständnisses zu untersuchen. Im ersten Teil analysiert er den gegenwärtigen Umgang mit Tieren und weist die psychologische Unmöglichkeit auf, ihr Wesen und Bewußtsein zu erfassen, woraus sich zahlreiche moralische und politische Konflikte ergeben. Ein zweiter Teil stellt die verschiedenen Wissensgebiete vor, die Fragen der Tierethik berühren: Evolutionstheorie, Verhaltensforschung, Philosophie, Religion. Überall läßt sich ein grundlegender Denkfehler aufspüren: daß nämlich eine strikte Grenze zwischen Mensch und Tier bestehe. Doch keine der befragten Wissenschaften weiß genau anzugeben, wo sich diese denn befinde, im Gegenteil: je weiter insbesondere die Genetik voranschreitet desto stärker wird unsere Einsicht in die biologische Natur des Menschen und unsere enge Verwandtschaft mit unseren Mitgeschöpfen. In einem abschließenden Teil geht es um die Praxis: Jagd, Fleischverzehr, Massentierhaltung, Gentechnik in der Viehzucht Tierversuche werden auf ihre ethische Vertretbarkeit befragt ein spezielles Kapitel untersucht die Tierhaltung im Zoo unter diesem Aspekt. Am Schluß findet sich ein Plädoyer dafür, unsere beschränkte Erkenntnisfähigkeit als Teil der conditio humana anzunehmen. Denn nur so könnten wir lernen, Rechte und Pflichten eines "Ersten der Schöpfung" wahrzunehmen. A. R.

Precht, Richard D.: Noahs Erbe: Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen. Hamburg: Rotbuch-Verl., 1997. 405 S.