Symposium: Neue Medien, Gesellschaft und Individuum

Ausgabe: 1994 | 4

Aus Anlass eines Symposions versuchten Wissenschaftler, Medienpraktiker und Politiker ökonomische, rechtliche, medien- und ordnungspolitische sowie kulturelle und ethische Positionsbestimmungen angesichts neuer Kommunikationslandschaften zu geben und sich der Frage nach den Wirkungen von Medien auf Gesellschaft und Individuum zu stellen.  Stellvertretend für viel Berichtenswertes versucht der Rezensent, die Grundzüge der Diskussion an einigen Beispielen darzulegen.

Die Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann kommt zunächst zu der grundlegenden Feststellung, dass es keinen Anlass für die Annahme gäbe, "dass das Buch in seiner traditionellen Gestalt durch neue immaterielle ,Medieneinheiten' verdrängt wird". Entgegen den Propheten, die das Ende des Buches heraufbeschwören, hilft ihrer Ansicht nach auch im schönen neuen Medienzeitalter nur eine in "einsamer Lektüre zu erwerbende Kompetenz". Neil Postman, der amerikanische Medienpapst, formuliert Gedanken zur Technologie, "die jungen Menschen helfen können, sich gegen die Lockungen der technologischen Beredsamkeit zu wappnen, d. h. gegen eine gefährlich naive Begeisterung für neue, faszinierende Technologien". In einem Szenario über die multimediale Zukunft geht der Wirtschaftsredakteur der ZEIT, Uwe J. Heuser, vom Trend zur Individualisierung, Angebotsexplosion, Kommerzialisierung und Internationalisierung der Information aus. Er kritisiert u.a., dass die Flut der neuen Medien die Menschen überfordert und entsozialisiert.

Schließlich finden sich im Abschnitt" Gestern begann die Zukunft "Modelle, Orientierungen und Entwürfe zum Thema "neue Technologien". Der Herausgeber Hilmar Hoffmann er ist auch Geschäftsführer der "Stiftung Lesen" - plädiert für das Lesen als Basiskulturtechnik im Fernsehzeitalter. Leseförderung bedeutet für ihn, "die Wahrnehmung des Fremden, die Erfahrung der Vielfalt des Lebens zu stimulieren". Abschließend halten in einer Expertenbefragung zu Entwicklungstendenzen der Medienkultur die einen das von Marshall McLuhan bereits in den 50er Jahren formulierte "Ende der Gutenberg-Galaxis" für gekommen, die anderen behaupten das Gegenteil.


A.A.

Gestern begann die Zukunft. Entwicklung und gesellschaftliche Bedeutung der Medienvielfalt. Hrsg. v. Hilmar Hoffmann. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1994. 345 S., DM 49,80 / sFr 42,20/ öS 388,40


Zumindest aber ist ein Buch über das Ende der Buchkultur immer noch ein Buch: Bolz, Norbert: Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. München: Fink, 1993. 249 S.