Die Autoren dieses Sammelbandes beschäftigen sich mit den Chancen eines "sozialen Europas" im Schatten der wirtschaftlichen Integration. Übereinstimmung herrscht darüber, daß das angestrebte Wirtschaftswachstum im EG-Raum keine Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen bedeutet. Mitglieder der EG-Kommission sagen jetzt schon ein Anwachsen der Arbeitslosenzahlen um fünf bis sieben Millionen Menschen (derzeit 17 Mio., Arbeitslose EG-weit) voraus. Bei allen Gedanken zur EG-Annäherung stellt sich die Frage nach den Veränderungen für das soziale Klima Österreichs nach einem EG-Beitritt. Zwar ist anzunehmen, daß die Sozialpolitik in formeller Autonomie der Staaten bleibt, aber in der Realität wird verstärkter Konkurrenzdruck einen Sozialabbau auslösen. Deshalb meint I. Morawetz, daß eine EG-Annäherung Österreichs "unter sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten nicht wünschenswert sei Der Politikwissenschaftler A. Pelinka empfiehlt ebenfalls Skepsis gegenüber dem Drängen zu einer Mitgliedschaft, solange Österreich das einzige neutrale EG-Mitglied wäre. Noch schärfer drückt es A. NoII aus, für den ein Beitritt Österreichs zur EG völkerrechtlich sogar verboten ist, weil mit der immerwährenden Neutralität nicht zu vereinbaren: "Die NATO würde - weil sie gar keine andere Wahl hat - ihre wirtschaftlichen Lenkungsmaßnahmen über die bestehenden EG-Organe laufen lassen; Österreich wäre als dreizehntes EG-Land gezwungen, den Wirtschaftskrieg der NATO mitzutragen. Neben den Fragen zur Neutralität, Sozialpolitik, Arbeitnehmerinteressen und Bildungsfragen geht es um Strukturen und Arbeitsweisen der Europäischen Fonds, die ein Bild auf soziale Förderungen in der EG werfen.
Die Beiträge wenden sich gegen die uneingeschränkte Befürwortung des EG-Binnenmarktes. Die Anbiederung Österreichs wird äußerst kritisch bewertet. Einhellig treten die Autoren für ein weltoffenes Österreich ein, das sich aufgrund seiner Neutralität und Lage als Drehscheibe zwischen Ost und West profilieren könnte. Es wird auch deutlich, daß die Rede vom ”Sozialen Europa Probleme wie Arbeitslosigkeit, Alterssicherung und Umweltschutz berücksichtigen muß.
Soziales Europa? Österreich und die EG. Hrsg. v. SOFFI - Soziales Förderungs- und Forschungsinstitut. Wien: Falter-Verl., 1989. 123 S.
Weitergehender Literaturhinweis: Zum Europamanifest der GRÜNEN Alternative vgl. die Sondernummer von "Impuls Grün ", 1989, Nr. 2. Ein weiterer Beitrag zum Thema Österreich-EG-Europa findet sich in: stimmen zur zeit. 1989, Nr. 129, S. 4-7.