Sieben Bücher. Sieben Themen.

Ausgabe: 2021 | 3
Sieben Bücher. Sieben Themen.

Sieben kurze Rezensionen finden Sie nachfolgend, geschrieben von Katharina Kiening, Quirin Schnack,  Paul Marsden, Stefan Wally, Janine Heinz, Dhenya Schwarz. Im Fokus: Bücher von David Baddiel, Emanuele Coccia, FrankWilczek, Georg W. Reinberg, Christoph Koch, Maria Barankow und Christian Baron, Vince Beiser. 

David Baddiel: Jews don’t count

„Jews are the only objects of racism who are imagined – by the racists – as both low and high status. Jews are stereotyped, by the racists, in all the same ways that other minorities are – as lying, thieving, dirty, vile, stinking – but also as moneyed, privileged, powerful and secretly in control of the world. Jews are somehow both sub-human and humanity’s secret masters. And it’s this racist mythology that’s in the air when the left pause before putting Jews into their sacred circle.“ David Baddiel wirft progressiven Linken vor, Juden:Jüdinnen im Stich zu lassen, durch internalisierte Denkschemata eine Hierarchisierung von Rassismusformen vorzunehmen, in dessen Prozess Antisemitismus – wenn er denn überhaupt erkannt wird – weniger Bedeutung zugesprochen oder gar nicht erst als Problem anerkannt wird. KK

David Baddiel: Jews don’t count. TLS Books, London 2021; 144 Seiten

Emanuele Coccia: Metamorphosen

Emanuele Coccia bestimmt mit Metamorphosen die Beziehung von Mensch und Natur neu: Alles Lebendige verwandle sich permanent, vermeintliche Gegensätze und Endgültigkeiten werden damit in Kontinuitäten aufgelöst. Leben als beständige Migration und der Tod als Übergang in eine neue Gestalt eröffnen dadurch neue Perspektiven, die zu einem ganzheitlicheren und langfristigeren Blick auf die Welt einladen. In einem beruhigenden Stil geschrieben lädt dieses Buch damit zu einem Innehalten und Nachdenken ein. QS

Emanuele Coccia: Metamorphosen. Das Leben hat viele Formen. Eine Philosophie der Verwandlung. Carl Hanser Verlag, München 2021; 208 Seiten

Frank Wilczek: Fundamentals

Frank Wilczek nimmt uns mit auf eine Reise zum Beginn der Zeit. Zu den Ursprüngen des Kosmos, der Schwerkraft, sogar der Zeit selbst. Mit der Sorgfalt eines Lehrers erklärt Wilczek die grundlegenden Bestandteile des Universums und die Gesetze, die sie in Einklang miteinander halten. Um komplizierte Gedankenexperimente, etwa solche von Einstein, zu erklären, konzentriert er sich auf ausgewählte (auch für Fachfremde verständliche) Kerndetails und bettet sie praxisorientiert in realitätsnahe Szenarien. Das Komplizierte einfach und vor allem zugänglich machend, ist das Buch allen zu empfehlen, die sich über den gegenwärtigen, das Universum betreffenden Wissenstand informieren wollen. PM

Frank Wilczek: Fundamentals. Ten Keys to Reality. Allen Lane, London 2021; 272 Seiten

Georg W. Reinberg: Architektur für eine solare Zukunft

Die Berücksichtigung der Sonnenenergie ist einer der Schlüssel zur Vermeidung einer Klimakatastrophe. Und genau deshalb bemüht sich Georg W. Reinberg seit fast 40 Jahren im Bereich der Architektur darum. Mit diesem Band möchte er sein Wissen, seine Erfahrungen und Lösungsansätze zur Verfügung stellen. 39 Projekte, die ausgehend vom Entwurf zwischen 2005 und 2020 entstanden, werden bildreich beschrieben. Das Architektur- und Energiekonzept wird je erklärt, mit einem Ausblick schließt jedes Kapitel, geht auch darauf ein, warum einige Ideen nicht verwirklicht werden konnten. Reinberg möchte zur Diskussion stellen, wie Architektur auf Zukunftsfragen reagieren kann und soll. Er ist auf jeden Fall überzeugt: „Eine schönere Zukunft ist möglich, lasst sie uns bauen!“ SW

Georg W. Reinberg: Architektur für eine solare Zukunft. Birkhäuser Verlag, Berlin 2021; 336 Seiten

Christoph Koch: Was wäre, wenn… 33 Szenarien, die unsere Welt verändern

33-mal überlegt sich Christoph Koch, was eigentlich wäre, wenn die Welt ein kleines oder großes Stückchen anders wäre. Mittels dieser Szenarien und perspektivenreichen Gedankenspiele bietet das Buch informativ-kurzweilige Einblicke in verschiedene Zukünfte. Und überrascht sicherlich an mancher Stelle. Was wäre etwa, wenn wir ewig lebten? Nun, Überbevölkerung wäre ein Thema, ebenso die Arbeitswelt. Das Denken wäre wohl langfristiger, die Sinnfrage aufgrund gesicherter Unendlichkeit eine andere. Und einige Stimmen verbinden Fortschritt mit Generationenwechsel, ergo käme es zu einem Stillstand: „Denn nur durch das Wegsterben der Älteren können sich die Ansichten und Ideale der Jüngeren durchsetzen“. KK

Christoph Koch: Was wäre, wenn… 33 Szenarien, die unsere Welt verändern. Tropen Verlag, Berlin 2021; 176 Seiten

Maria Barankow · Christian Baron (Hg.): Klasse und Kampf

Klasse und Kampf, eine Anthologie herausgegeben von Maria Barankow und Christian Baron, nimmt uns mit auf persönliche „Klassenreisen“, erzählt von 14 Aufsteiger:innen. Die Geschichten sind vielfältig und handeln mal von der im Sterben liegenden Schwiegermutter, mal von Schinkennudeln. Was alle Beiträge eint, ist die eindrucksvolle Beschreibung der Gefühle, die ein solcher Klassenaufstieg mit sich bringen kann: Wut. Scham. Und die Angst davor, als Hochstapler:in entlarvt zu werden. JH

Maria Barankow · Christian Baron (Hg.): Klasse und Kampf. Claassen Verlag, Berlin 2021; 200 Seiten

Vince Beiser: Sand

Sand wird unterschätzt. Sobald man sich aber mit den zahlreichen Einsatzgebieten dieser so simpel erscheinenden Materie beschäftigt und der Vielzahl der erschreckenden Konsequenzen bewusstwird, erscheint diese Unterschätzung wie das Totschweigen einer Problematik, die uns jetzt schon um die Ohren fliegt. Seien es Straßen, Gebäude oder Kommunikationstechnologien: Quasi alle Bereiche, die modernes Leben ermöglichen, stehen in Abhängigkeit zum Rohstoff Sand. Vince Beiser führt mal erzählerisch, mal historisch, aber immer kritisch durch diese Thematik, die schnellstmöglich im kollektiven Bewusstsein ankommen sollte. DS

Vince Beiser: Sand. Wie uns eine wertvolle Ressource durch die Finger rinnt. oekom Verlag, München 2021; 304 Seiten