Ein "Europa der Regionen" ist in aller Munde. So ist es nicht überraschend, daß sich Forscherinnen aus verschiedenen Disziplinen (Geschichte, Geographie, Soziologie, Kulturwissenschaft bis zur Sprachwissenschaft) anläßlich eines Workshops mit dem Thema “Regionalkultur und regionale Identität" auseinandersetzten. Der "neue Regionalismus" ist nicht eine Gegenbewegung zur Globalisierung, sondern eine" Rückbesinnung auf eigene Qualitäten bei der Bewältigung eines tendenziell globalen Strukturwandels" (Rolf Lindner).
Einige theoretische Beiträge beschäftigen sich mit den Chancen regionaler Kulturen und den Risiken von kulturellen Differenzen. Verena Stocke warnt vor der Gefahr des kulturellen Fundamentalismus, der sich nicht mehr der politischen Sprache des Rassismus bedient. Diese Position schließt das "Andere" durch Anerkennung des “andersseins" aus. Im Hauptteil werden Fallstudien und praxisorientierte Forschungen mit Bezug auf die jeweiligen methodischen Ansätze vorgestellt: u. a. werden Bewußtseinsformen der Bevölkerung im strukturschwachen Ostfriesland sowie die sozioökonomische Situation und die Organisationsformen der Regionalpolitik untersucht. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der Situation im Siegerland, in Hessen, in der Stadt Mari, in Spanien (Cantabria) und im Ruhrgebiet. Man hofft, daß die Ergebnisse für die Regionalpolitik und -forschung für die Sozialgeographie von Nutzen sein werden. Wie wichtig regionale Identität ist und werden wird, erläutert Detlev Ipsen: Europa wird immer größer, die existenzbestimmenden Entscheidungen werden in Brüssel gefällt, der Weltmarkt entzieht uns "Stück für Stück die Kontrolle über unsere Lebensverhältnisse" . Deshalb wird die Region "zum Ort der Sicherheit, der Kontrollfähigkeit in einem diffus großen Gefühlsglobus" .
J. G.
Die Wiederkehr des Regionalen. Hrsg. v. Rolf Lindner. Frankfurt/M. (u. a.): Campus-Verl., 1994. 257 S. ca. DM 1 sFr 39,80 / öS 311,-