Politik im Zeitalter der Globalisierung

Ausgabe: 1997 | 3

Mit "Perestroika" leitete der damals neugewählte Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, einen tiefgreifenden Umbruch der sowjetischen Politik ein. Er selbst sieht darin allerdings nur erste Schritte und notwendige Voraussetzungen für eine weit größere globale Umgestaltung. Dafür gründete  er 1991 die "International Foundation for Socio-Economic and Political Studies". Im vorliegenden Band beschreibt Gorbatschow und seine zwei Mitautoren, beide Berater in der Gorbatschow-Stiftung, die Grundprinzipien des”neuen Denkens", Diese sehen sie einerseits in der Anerkennung der sich immer stärker ausprägenden Ganzeit der Welt bei gleichzeitiger Beachtung ihrer großen Vielfalt. andererseits in der Annahme, daß sich die "Politik der Stärke" grundsätzlich überlebt hat. Allerdings, so die Autoren, treiben sich auf der weltpolitischen Bühne "noch genügend verantwortungslose Politiker (herum), die dazu fähig sind, einen Weltbrand zu entzünden, um sich ein Ei zu braten". Spannend liest sich der Rückblick auf die praktische Anwendung des Neuen Denkens Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre. Die Autoren berichten über diplomatische Aktivitäten und zitieren aus bislang unveröffentlichten Gesprächen mit westlichen Spitzenpolitikern. Das Ziel dieser Politik, einen realen Weg zur Beendigung des Kalten Krieges und des Wettrüstens, also einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Mißtrauen, Feindseligkeit und Konfrontation zu finden, ist nicht hoch genug zu bewerten, obwohl Rückschläge (Beispiel Jugoslawien) die Praxis kennzeichnen. Die Intentionen der Autoren gehen aber über diesen Rückblick weit hinaus. Sie fordern grundlegende Veränderungen in der internationalen Politik: Es sei höchste Zeit. von nationalstaatlichem Denken und der Fixierung auf Blöcke Abschied zu nehmen. Die Menschheit muß sich, so der plakative Tenor, den Herausforderungen der Zukunft stellen und Antworten auf die Globalisierung u.a. durch Förderung der Demokratie und allgemein der menschlichen Werte finden. Vorgeschlagen wird z. B. die Schaffung eines weltweiten "Rates der Weisen" bei der UNO. Die Grundorientierung an "Perestroika" "mit ihren demokratischen, humanen, gewaltfreien Ideen und Methoden" braucht jedenfalls dringend eine Fortsetzung nicht nur in Rußland, sondern weltweit. A. A.

Gorbatschow. Michail; Sagladin, Vadim; Tschernjajew, Anatoli: Das Neue Denken. Politik im Zeitalter der Globalisierung. München: Goldmann, 1997. 220 S.