Physik, Kosmologie, Gott und die Auferstehung

Ausgabe: 1995 | 1

Der Astrophysiker und Kosmologe Tipler, dessen Arbeiten thematisch in engem Zusammenhang mit denen der ebenfalls bekannten Wissenschaftler Stephen Hawking oder Roger Penrose stehen, hat sich in seinem ersten großen Buch vorgenommen, die Theologie als ein Teilgebiet in die Physik zu integrieren. Dies schließt die physikalische Möglichkeit des Beweises der Existenz Gottes ebenso ein wie den Beleg für die Auferstehung nach dem Tode. Tipler greift auf ein enormes bibliographisches Repertoire zurück, um eine umfassende Darstellung der Entwicklung von Begriffen wie Fortschritt, Wiederkehr, Determinismus und Unbestimmtheit zu geben. Auch wenn theologische und philosophische Betrachtungen stark ausschnitthaft zitiert werden, ordnen sich auch diese der streng physikalischen Sichtweise des Buches unter.

Die Integration religiöser Topoi geschieht also insbesondere in der Sprache der modernen Kosmologie. Unter Vermeidung von Formeln - diese werden in den umfangreichen Anhang verbannt - gelingt es Tipler, eine allgemeinverständliche Darstellung der Grundzüge der Kosmologie zu geben. Er greift auf die Omegapunkt-Theorie in ihrer klassischen und quantentheoretischen Version zurück, um eine umfassende Darstellung und Definition der Begriffe Raumzeit. Weltlinie und Urknall-Singularität zu geben und "theologische Implikationen" zu erörtern. Tipler identifiziert die universelle Wellenfunktion mit dem Heiligen Geist und erweitert in rascher Folge seine Ausführungen um Aussagen über "soziale Unsterblichkeit", "persönliche Unsterblichkeit" sowie Art und Verlauf der Auferstehung.

Er benutzt diese Begriffe jedoch mehr als Chiffren für streng naturwissenschaftliche Betrachtungen, die insbesondere Informatik und Logik einbeziehen, als an dieser Stelle ihre theologischen Interpretationen zu berücksichtigen. Das Buch schließt mit einem zusammenfassenden Abschnitt, in dem Tipler die Theologie und Religion den Naturwissenschaften - nicht der Ethik - zuordnet. Letztendlich verlangten religiöse und moralische Fragestellungen stets faktische Antworten, also Entscheidungen, die auf rein wissenschaftlicher Ratio basieren. Tipler belegt dies mit der Abtreibungsdebatte, in der eigentlich nicht über das Gebot "Du sollst nicht töten", sondern um die Frage, ob ein Fötus eine "Person" sei, gestritten würde. Unterwürfe sich die Religion nicht langfristig dem naturwissenschaftlichen Schema, laufe sie Gefahr, "sich langfristig (... ) von der Menschheit und von allen menschlichen Belangen" zu lösen.

D. F. 

Tiplet, Frank J.: Die Physik der Unsterblichkeit. Moderne Kosmologie, Gott und die Auferstehung der Toten. München: Piper, 1994. 6045., DM 49,80/ sFr 42,20/öS 388,40