Partizipation und Klimawandel

Ausgabe: 2013 | 4

Der anthropogene Klimawandel verursacht weltweit Veränderungen in Ökosystemen und beeinflusst auch die menschlichen Lebensverhältnisse. Es ist davon auszugehen, dass wir in Zukunft mit immer weniger stabilen Verhältnissen in der Natur rechnen müssen. Klimaschutz ist also ein Gebot der Stunde. Dabei wird das Thema meist als rein fiskalische oder technische Maßnahme behandelt, selten aber als Herausforderung mit kultureller Dimension, zu der auch Bildung und Partizipation gehören. Aufgrund der Kompelxität und Breitenwirkung des Phänomens betrifft der Klimawandel uns alle. Mögliche Änderungen können demnach nur unter breiter Beteiligung vieler gesellschaftlicher Akteure gelingen. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes haben verschiedene Beteiligungsverfahren auf deren Potenziale und Defizite hin untersucht und ausgewertet.

 

Klimawandel und Anpassung

Vorgestellt werden erfolgreiche Partizipations- und Bildungsprojekte in Deutschland ebenso wie neueste Ergebnisse der Umweltpsychologie und Lebensstilforschung. Die meisten Beiträge entstammen den KLIMZUG-Verbundprojekten und beziehen sich auf die Anpassung in verschiedenen regionalen Zusammenhängen. „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“, lautete die Ausschreibung des Bundesforschungsministeriums (BMBF) mit dem Ziel, den Aktionsplan Anpassung zu konkretisieren. Die eingereichten Projekte zielen darauf ab, durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und regionalen AkteurInnen tragfähige Netzwerke aufzubauen, die bedarfsorientierte und innovative Anpassungsschritte an den Klimawandel entwickeln und umsetzen. Im Vordergrund stehen dabei folgende Fragestellungen: 1. Zu welchem Zweck und Ziel findet das Partizipationsverfahren statt? 2. Wer wird mit welcher Begründung beteiligt? 3. Welche Formen von Partizipationsverfahren werden gewählt?

 

Bei den beschriebenen partizipativen Prozessen geht es zunächst darum, Wissensgrundlagen auszubauen, um „Vorsorge im privaten, wissenschaftlichen, unternehmerischen sowie behördlichen, nachhaltigen Planen und Handeln zu ermöglichen“ (S. 270). Im Kontext der Anpassung besteht die Herausforderung darin, dass PartnerInnen einerseits für die Problematik sensibilisiert werden und andererseits ihre Interessen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auf Augenhöhe wahrgenommen und berücksichtigt werden,

 

Bei der Auswahl von Beteiligten für Partizipationsprozesse kommt der häufig artikulierte, doch meist unzureichend reflektierte Terminus der „Betroffenen“ als „relevante Akteure“ ins Spiel (vgl. S. 273). Bei den Aktivitäten der KLIMZUG-Verbünde wurde daher der Schwerpunkt auf die Einbeziehung von Akteuren aus verschiedenen Handlungsfeldern gelegt und auf die Innovationsfähigkeit regionaler Wirtschaft im Kontext regionaler Wettbewerbsförderung verstärkt Rücksicht genommen. Ferner stellt(e) sich die Frage nach der Effektivität von Netzwerken, die damit beantwortet wird, dass es klarer und akzeptierter Regeln im Zusammenspiel zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren bedarf. Bezüglich der Formate von und Kriterien für Partizipationsverfahren zeigen einige Beiträge, „dass ein erheblicher Entwicklungsbedarf bei der Ausgestaltung von Partizipationsprozessen besteht“ (S. 277).

 

Abschließend halten die Herausgeber fest, dass es ob der gesellschaftlichen Herausforderungen zur Eindämmung des Klimawandels mehr braucht als „nur“ neue oder veränderte Beteiligungsverfahren zur Maßnahmendefinition und -umsetzung. Partizipation sollte, und darauf wird ausdrücklich hingewiesen, über das in der Praxis derzeit verbreitete Verständnis einer Akzeptanzbeschaffung für die Politik hinausgehen. Generell geht es um die Gestaltung einer zukunftsfähigen Gesellschaft, in der Partizipation als neue „Kultur der Teilhabe“ einen zentralen Stellenwert besitzt. Ausdrücklich genannt werden hier die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU), der in diesem Zusammenhang von einem Gesellschaftsvertrag spricht, der „eine Kultur der Achtsamkeit (…) mit einer Kultur der Teilhabe (…) sowie mit einer Kultur der Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen (…) kombiniert“ (S. 278).  Alfred Auer 

 

Partizipation und Klimawandel. Ansprüche, Konzepte und Umsetzun g. Hrsg. v. A. Knierim …

München: ökom-Verl., 2013. 294 S., € 34,95 [D], 36,- [A], sFr 48,90

ISBN 978-3-86581-454-8