Ethik des Klimawandels

Ausgabe: 2013 | 4

Dass der Klimawandel auch unter ethischen Aspekten eine neue Herausforderung für die Menschheit darstellt, zeigen Dominic Roser und Christian Seidel. Beiden geht es darum, individuelles Handeln und klimapolitische Maßnahmen unter moralischen Gesichtspunkten zu analysieren. Der angezeigte Band bietet einleitend einen Überblick zur aktuellen klima-ethischen Diskussion mit dem Ziel einer sachlichen Darstellung von Pro- und Contra-Positionen. Gleich zu Beginn halten die Autoren fest, dass wir „eine moralische Pflicht zum Klimaschutz“ haben (S. 3). Wenn dem so ist, wäre immer noch die Frage, wie viel Klimaschutz wir leisten müssen und wie das zu erbringende Maß auf verschiedene Schultern verteilt werden muss.

 

Roser/Seidel argumentieren, „dass wir zukünftigen Generationen zumindest die Wahrung ihrer Menschenrechte schulden und womöglich darüber hinaus, dass es ihnen nicht schlechter geht als uns“. (S. 71) Anschließend werden fünf Verteilungsprinzipien diskutiert und ein Rezept für die konkrete Berechnung der Verteilung vorgeschlagen. Kurz gesagt hieße das, dass die Länder mit hohem Durchschnittseinkommen ingesamt rund 75 Prozent der klimawandelbezogenen Lasten tragen, Länder mit mittlerem Durchschnittseinkommen zusammen rund 25 Prozent und die Länder mit extrem niedrigem BSP so gut wie nichts zahlen (vgl. S. 127ff.). Ob dieser Vorschlag realpolitisch auch umgesetzt wird, um den ärmeren Ländern eine Entwicklungsperspektive zu eröffnen (vgl. S. 129), ist mehr als fraglich.

 

Schließlich geht es um die „gerechte Reaktion auf die Ungerechtigkeiten der herrschenden Klimapolitik“ und um verschiedene Strategien zur Emissionsreduktion. Besonders prominent aber auch besonders umstritten ist dabei der Emissionshandel. In der Praxis ist er, wie die Autoren betonen, mit verschiedenen Problemen behaftet, insbesondere was seine Wirksamkeit für den Klimaschutz und die Steuerbarkeit der Lastenverteilung betrifft. „Für einen Markt für Emissionen spricht aus ethischer Perspektive, dass dies den Klimaschutz billiger macht und den Akteuren mehr Freiheit in der Wahl der Reduktionsmittel lässt.“ (S. 160) De facto ergreifen viele Staaten jedoch keine Initiative zur Anpassung und Eindämmung der Folgen des Klimawandels, obwohl sie dazu in der Lage wären. Als Grund wird oft angeführt, auf entsprechende Aktionen anderer Staaten warten zu wollen, um wirtschaftliche Nachteile für die eigene Volkswirtschaft zu vermeiden. Der Band lenkt den Blick auf eine der größten ethischen Herausforderungen unserer Zeit, ist auch für Laien nachvollziehbar formuliert und daher empfehlenswert. Ergänzende Texte und Infos sind unter klimaethik-literatur.christianseidel.eu abrufbar. Alfred Auer 

 

Roser, Dominic; Seidel, Christian: Ethik des Klimwandels. Eine Einführung.

Darmstadt: Wissenschaftl. Buchges., 2013. 165 S.,

€ 29,90 [D], 30,80 [A], sFr 41,90

ISBN 978-3-534-26265-6