Ökodörfer in Europa

Ausgabe: 1999 | 1

Ökodörfer und -siedlungen sind keine Erfindung der neueren Alternativenbewegung. Ihre Wurzeln liegen bei Gemeinschaften, die sich aus ideologischen, politischen oder religiösen Beweggründen aus der sich seit der Jahrhundertwende abzeichnenden Konsumgesellschaft auf „Ökoinseln” zurückgezogen hatten. Manche der in der vorliegenden Übersicht porträtierten Projekte und realisierten Dörfer bauen auf diese Pioniere auf. Es waren ursprünglich radikalchristliche Bruderhöfe, anthroposophische Waldorfschulen und -gemeinschaften oder ähnlich spirituell orientierte Bewegungen, die neben- und miteinander ihre Ideen in die Praxis umsetzten. 

Neben ihnen besiedelten Vegetarier, biologisch wirtschaftende Landwirte und experimentelle Architekten, Pädagogen und Sozialarbeiter vielfach dünn besiedelte Regionen. Im Prinzip ist es auch heute noch so, auch wenn neue Strömungen - wie seit 1962 die spirituell einflußreiche Findhorn-Gemeinschaft in Schottland - mit ökologischen „Resource Centers” einflußreicher wurden. Letztere stellen spirituelle Praktiken zugunsten der Vermittlung alternativer Technologien zurück (Solarenergie, Permakultur...), um ihre Interessenten ideologisch nicht zu vereinnahmen. Die (Selbst-)Darstellungen jener Dörfer und Siedlungen, die sich dem europäischen Zweig des „Global Eco-Village-Network (GEN)” angeschlossen haben, illustrieren diese Vernetzung, deren Mittelpunkt seit 1995 der „Lebensgarten” im deutschen Steyrerberg ist.

Müssen in den reichen Ländern des Nordens diese „Überlebensinseln” zunehmend auch als Auffangstationen für jene dienen, die sich dem Druck einer Fortschrittsideologie entziehen wollen oder müssen, so gilt dies verstärkt für die armen Länder.  Nach dem Zusammenbruch von Solidargemeinschaften kommunistischer Prägung und dem Durchmarsch des Kasinokapitalismus wird des Fehlen praktikabler Alternativen umso stärker spürbar. In Kroatien, Ungarn, Polen und Russland sind erste Ökodörfer im entstehen. Ob die Russen den New-Age-Missionaren aus den USA widerstehen und z.B. Tolstois Gemeinschaftsmodelle wiederbeleben, bleibt abzuwarten. M. Rei.

Directory of Eco-villages in Europe. Ed by Barbo Grindheim ... Steyerberg: Global Eco-village Network (GEN)-Europe, 1998. 184 S., DM 30,- / sFr 27,50 / öS 219,-