Strategien & Perspektiven erfolgreicher Nachhaltigkeitspolitik

Ausgabe: 1999 | 1

Kommenden Generationen die Möglichkeiten einer befriedigenden Lebensgestaltung in einer intakten Umwelt offenzuhalten, gilt heute als allgemein anerkanntes Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. An welchen konkreten Zielen sich Verantwortliche und Betroffene orientieren können, welche Strategien eine erfolgreiche Nachhaltigkeitspolitik in der Praxis erfordert und wo der räumliche und zeitliche Bezugsrahmen liegen soll, ist hierbei allerdings - wenn auch grundlegend für die Interpretation der Nachhaltigkeit - vielfach noch umstritten.

Anja Knaus und Ortwin Renn von der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg reflektieren in der vorliegenden Abhandlung nicht nur die vielen Aspekte des Nachhaltigkeitsdiskurses, sondern geben auch konkrete Orientierungen für Politik, Wirtschaft und KonsumentInnen. Verpflichtet einem „pragmatischen Konzept der Nachhaltigkeit” (S. 80), verbinden die AutorInnen Modernisierung mit einer ökologischen Reform der sozialen Marktwirtschaft. Sie setzen auf erhöhte Ressourceneffizienz ebenso wie auf konsumreduzierende Lebensstile. Diskutiert werden technische Innovationspotentiale, politische Steuerungsinstrumente, gesellschaftliche wie psychologische Bedingungen eines geänderten Umweltverhaltens sowie die räumliche Einbettung nachhaltiger Entwicklung zwischen Regionalisierung und Globalisierung.

Den Praxisbezug der Abhandlung unterstreichen die auf Baden-Württemberg bezogenen Gastbeiträge im zweiten Teil. Vorgestellt werden Nachhaltigkeitsperspektiven zur Wald- und Landwirtschaft (in Baden-Württembergs Flächennutzung fallen 38 % auf Wald) sowie Möglichkeiten zu einem schonenden Umgang mit der Ressource Wasser sowie einer klimaverträglichen Energieversorgung des Bundeslandes (durchgerechnet wurden hierfür die drei Szenarien: „Techniknutzung”, „Ressourcenschonung” und „Neue Lebensstile”). Auf Interesse über den Lokalbezug hinaus könnte ein Projekt zur Messung nachhaltiger Entwicklung stoßen, welches die Umweltqualität über elf differenzierte Indikatoren (Klimaänderung, Ozonschichtzerstörung, Eutrophierung, Versauerung, Umwelttoxizität, Artenvielfalt, Abfall, Wasser- und Forstressourcen, Boden sowie Import erschöpfbarer Ressourcen) erfaßt.

Die Präsentation von Unternehmen aus Baden-Württemberg, die sich durch ökologische Innovationen auszeichnen, leitet über zum abschließenden Kapitel, welches Anregungen zum Handeln für BürgerInnen, Unternehmen und die Politik gibt. Die angefügte CD-Rom enthält Ausschnitte aus dem Buch, gewinnt seine Attraktivität aber insbesondere durch illustrierende Zusatzinformationen und konkrete Anwendungsbeispiele wie Testbögen für nachhaltige Lebensstile, Energiebilanzen u. ä.

Zu wenig beleuchtet wird die Bedeutung des Verkehrs sowie generell die Materialintensität unserer Wirtschafts- und Lebensweise, die nachhaltiger Entwicklung entgegenstehen. So wundert es nicht, daß die hier vorgetragenen Empfehlungen hinsichtlich der erforderlichen Einschnitte (Reduktionsziele, Bewertung des Welthandels usw.) einschlägigen Arbeiten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie (etwa „Zukunftsfähiges Deutschland)” an Radikalität um einiges nachstehen. H. H.

Knaus, Anja, Renn, Ortwin: Den Gipfel vor Augen. Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft. Mit angefügter CD-Rom. Marburg: Metropolis, 1998. 450 S. (Ökologie und Wirtschaftsforschung; 29) DM 39,80 / sFr 36,- / öS 291,-