Eliot Weinberger

Neulich in Amerika

Ausgabe: 2021 | 1
Neulich in Amerika

Einen Abgesang auf das Amerika als einstigen Leuchtturm von Demokratie und Menschenrechten; eine Abrechnung mit politischer Korruption, mit christlichem Fanatismus in der US-Politik und mit den Lügen, die verheerende Konsequenzen nach sich ziehen: Die Essay-Sammlung des New Yorker Literaten Eliot Weinberger ist keine Lektüre für gute Laune. Und doch trägt das Buch zu einem tieferen Verständnis für den Zustand der USA bei, begleitet von der poetischen Sprache des Autors.

Acht Jahre mit George W. Bush

Im ersten Teil des Buchs beschäftigt sich Weinberger mit der Präsidentschaft von George W. Bush: Angefangen vom zweifelhaften Ausgang der Wahlen, die Bush mit einem äußerst geringen Vorsprung gegenüber Al Gore gewann (eine Neuauszählung nach Unstimmigkeiten wurde vom konservativ dominierten Supreme Court abgelehnt) über die enge Verbindung zwischen hohen republikanischen Würdenträgern zu Rüstungs- und Waffenproduzenten bis zum Irak-Krieg zeichnen Weinbergers Essays nach, wie aggressive wirtschaftliche Interessen zigtausenden Menschen das Leben kosten. In seinen „Prosagedichten“ lässt der Autor seine „Protagonisten“ schlicht für sich selbst sprechen. Zahlreiche absurde Zitate oder Begebenheiten bezeugen den moralischen Niedergang der USA in der Bush-Ära, etwa: „Elaine Chao, Arbeitsministerin, ist Republikanerin. Ihre Behörde gibt eine Broschüre mit Tipps für Arbeitgeber heraus, wie sie die Bezahlung von Überstunden vermeiden können.“ (S. 45) Besonders bedrückend der Text „Was ich hörte vom Irak“, dessen chronologische Aneinanderreihung von Ereignissen in diesem Krieg in einer Steigerung ins beinahe Unerträgliche mündet: „Ich hörte Kassem Muhammad Ahmed sagen: ‚Ich habe gesehen, wie sie Verwundete auf der Straße mit dem Panzer überrollten. Das ist sehr oft passiert‘.“ (S. 118)

Die USA unter der Präsidentschaft von Donald J. Trump

Im zweiten Teil setzt sich der Autor mit den USA unter der Präsidentschaft von Donald J. Trump auseinander. Deutlich wird, dass Trump nur das Symptom einer weit nach rechts abgedrifteten republikanischen Partei ist und nicht als isoliertes Phänomen verstanden werden sollte. Über weite Strecken lässt der Autor Trump einfach für sich selbst sprechen – da braucht es keine weiteren Kommentare oder Erläuterungen. Das Buch schließt mit einer Auseinandersetzung mit der Covid-19-Pandemie in den USA; ein republikanisches Versagen, welches schonungslos die Zerrüttung der einstigen Nation der Hoffnung zeigt und die Leserinnen und Leser erschüttert zurücklässt.