Neue Wege für eine nachhaltige Stadtentwicklung

Ausgabe: 1997 | 2

Am Ende des Jahrhunderts werden erstmals mehr Menschen in der Stadt wohnen als auf dem Land. Spätestens dann werden die sozialen und ökologischen Probleme der ”mega-Cities" beängstigende Ausmaße annehmen. Herbert Girardet städtebaulicher Berater der UNO und der Stadt Wien, geht gar davon aus, daß "die langfristige Überlebensfähigkeit der Städte gefährdet ist, weil sie mit gigantischem Hunger die Ressourcen der Welt verschlingen und ebenso gigantische Mengen Müll hinterlassen". Er macht deutlich, daß das Verhältnis zwischen der Stadt und ihrer Umwelt ein anderes werden muß, nämlich eine symbiontisches, indem sich beide gegenseitig stützen und unterstützen. Zunächst untersucht der Autor die Funktionsweise der Städte und betrachtet ihren Stoffwechsel, ihre Gemeinschaften, ihre klimatischen, geographischen und finanziellen Voraussetzungen sowie ihre historische Entwicklung. Der Blick auf die Ökologie von Siedlungen exemplarisch an Hong Kong, der Metropole mit der weltweit größten Siedlungsdichte, erläutert - läßt erkennen, wie Megastädte die Umwelt ausbeuten. Deutlich zeigt sich auch, daß Reichtum und Verschwendung zusammenhängen, denn je wohlhabender die Einwohner einer Stadt sind, desto mehr werfen sie weg.” New York hält mit 1,60 kg pro Person und Tag (insgesamt 24.000 Tonnen) den Weltrekord in der Müllproduktion." Das linear orientierte Handeln der Städte umfaßt auch soziale Aspekte wie Armut, Gewalt, Streß und Entfremdung. Als deren extremste Form bezeichnet Girardet die "Lagerung" von Familien in Hochhäusern. Schließlich beschreibt der Autor innovative Ansätze, um den städtischen Stoffwechsel zu einem Kreislauf umzufunktionieren. Das Konzept der Nachhaltigkeit für die Stadt umfaßt für ihn u. a. folgende Aspekte: Reduktion des Abfalls, sorgsamer Umgang mit Ressourcen, Nähe von Wohnort und Arbeitsplatz, Errichtung langlebiger Gebäude, Energieeffizienz und -erhaltung, effiziente öffentliche Verkehrssysteme und Stoffkreisläufe bis hin zum Bezug der Hauptnahrungsmittel aus der Umgebung. Gerade weil die Stadtbevölkerung weltweit jede Woche um die Einwohnerzahl einer Großstadt wie München zunimmt, gehört die Entwicklung konkreter Utopien und gangbarer Schritte hin zu einer lebenswerten städtischen Kultur - mit allen Eigenheiten und Differenzen - wohl zu den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit A. A.

Girardet, Herbert: Das Zeitalter der Städte. Neue Wege für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Holm: Deukalion, 1996. 190 S., DM / sFr 49,80 / öS 393