Margaret Atwood: Der Report der Magd

Ausgabe: 1988 | 1

Schauplatz dieses Science-Fiction-Romans ist die totalitäre Republik Gilead. Das Lesen ist verboten, die Frauen sind in Klassen eingeteilt - Hausfrauen, Gebärmaschinen, Sklavinnen. Jene, die für diese Gesellschaft nicht mehr nützlich sind, werden in radioaktiv verseuchte Kolonien abgeschoben, Die Ich-Erzählerin Desfred, eine "Magd", gebärfähig und deshalb wertvoll, wurde einem Kommandanten zugewiesen, dessen Frau keine Kinder bekommen kann.

Alle "Mägde" sind ganz in Rot gekleidet und tragen weiße Flügel (d. s. Scheuklappen), die sie vor Blicken schützen und am Sehen hindern sollen. In den langen einsamen Nachtstunden der Isolation erinnert sich Desfred an die Zeit davor, an ihre Tochter, an Gefühle, an das "normale" Leben. Der Kommandant verstrickt sie in verbotene Aktionen, gibt ihr Zeitschriften zu lesen und nimmt sie zu geheimen, verbotenen Festen mit. Ähnlich die Frau des Kommandanten, die versucht, die notwendige Schwangerschaft, die für sie auch Vorteile hätte, durch von ihr arrangierte Treffen mit dem Diener herbeizuführen.

Bei den Einkaufsgängen mit einer ihr zugeteilten "Magd" kommt Desfred mit einer Widerstandsgruppe in Kontakt. Sogenannte "Ohren" lauern überall als Spitzel. Der Diener im Haus ist Doppelagent, Ohr und Untergrundkämpfer zugleich. Die geheimen Liebestreffen und Vergünstigungen nehmen ein abruptes Ende. Unter Anführung des Dieners Nick wird Desfred abgeholt. Er flüstert ihr vorher noch "Mayday", die Parole der Untergrundgruppe zu.

Die Autorin erklärt zu ihrer Geschichte: "Das Wichtigste, was man über die Gesellschaft (...) wissen sollte, ist, daß nichts neu ist - außer der Zeit und dem Schauplatz und ein paar Details. Die anderen Taten sind alle irgendwann einmal begangen worden, und mehr als nur einmal. In der Tat vermittelt Atwood eine Fülle von Assoziationsmöglichkeiten zu vergangenen und gegenwärtigen Diktaturen. Die Ich-Erzählerin ist mit ihren Hoffnungen und Phantasien gleichzeitig die Verkörperung der Hoffnung, sonst gäbe es dieses Dokument nicht. Einiges, was im Zusammenhang unverständlich bleibt, wird am Schluß in den historischen Anmerkungen vom Symposium über Gileadstudien im Jahr 2195 zwar verständlich; ob Desfred allerdings die Welt draußen sicher erreicht hat und ein neues Leben begann, bleibt offen.

Atwood, Margaret: Der Report der Magd. Roman. Düsseldorf: Claassen, 1987.398 S. DM 36,- / sfr 30,20 / öS 280,80