Lebe wild und gefährlich

Ausgabe: 1991 | 3

"Es ist an der Zeit, über die Verhältnisse einfach nur die Wahrheit zu sagen - Schlimmeres ist ihnen nicht anzutun", schreibt die Autorin, nachdem sie in einer Reportage über die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft am Beispiel der Pariser Kommune (1871) beschrieben und sich in Abgrenzung von H. M. Enzensberger für die Hoffnung als "Waffe der Veränderung" eingesetzt hat. In der gleichermaßen analytisch klaren und leidenschaftlichen Analyse liegt die Kraft dieses Buches, das - wären wir nicht Opfer einer medialen Reizüberflutung - in der Tat genug Fakten auflistet, um dem Ungeist der Resignation und des Zynismus zu begegnen. - Zum Beispiel USA: Mit insgesamt 1 Mio. Gefangenen steht das Land an der Spitze der Nationen, die ihren Bürgern ein Leben in Freiheit verwehrt; in Zeiten angeblicher Abrüstung werden täglich 200 Mio. Dollar für Produktion und Entwicklung von Atomwaffen ausgegeben, liegt die Sterblichkeit schwarzer Kinder mit 17,9 Promille über vielen Dritt-Welt-Ländern, gehen seit Sommer 1990 1300 Firmen pro Woche pleite. Vergleichbare Daten aus den Metropolen des Kapitalismus findet man zur Genüge; die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, die Unterdrückung vor allem der Trikont-Länder hat System; Weltbank und GATI sind Handlanger eines globalen "Ökoimperialismus", der durch den Tausch von Natur gegen Schulden eine weitere Form der Entfremdung von traditionellen Lebensformen praktiziert. Überzeugend in der Kritik des Gegenwärtigen, bleiben die Konturen eines "stabilen Widerstandsmilieus" und Vorschläge in Richtung einer "konkreten Utopie einer herrschaftsfreien, solidarischen ökologischen Zukunftsgesellschaft" leider blaß. 

Ditfurth, Jutta: Lebe wild und gefährlich. Radikalökologische Perspektiven, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1991. 4235., DM 34,-1 sFr 29,-1 ÖS 265,20