"Die vier großen Nachrichtenagenturen Associated Press (USA), United Press International (USA), Reuters (GB) und Agence France Press (F) sitzen auf 80% der weltweit zirkulierenden Informationen." Was wir über die sogenannte Dritte Welt erfahren, ist bestimmt vom Blick des Nordens auf den Süden. Dritte Welt-Agenturen wie Inter Press Service (IPS) haben kaum Chancen im Informationsmarkt der Großen. Durch Augenzeugenberichte von den Brennpunkten der Welt soll die Glaubwürdigkeit der Agenturmeldungen bestärkt werden. Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen berufen sich gerne auf ihre Korrespondenten" vor Ort". Ziel dieses Buches ist, den "Nimbus der Unfehlbarkeit, der Auslandskorrespondenten noch immer umgibt, zu zerstören. Anhand mehrerer Beispiele (zurückhaltende Berichterstattung über China, Verschweigen des Völkermordes in Osttimor u.a.m.) zeigt der Autor, wie Auslandsjournalistinnen selbst renommierter Medien zum Verschweigen von Unrecht beitragen und Gewaltregime sowie Menschenrechtsverletzungen aus ideologischen oder wirtschaftlichen Erwägungen (keine Gefährdung von Handelsbeziehungen, liebäugeln mit neuen Absatzmärkten) entschuldigen oder beschönigen. Ein Kapitel erörtert die US-Kriegsberichterstattung von Vietnam bis Panama, zwei historische Analysen thematisieren die zurückhaltende Berichterstattung des Westens über die stalinistischen Schauprozesse der 30er-Jahre sowie über den Völkermord der Türken an den Armeniern. Der Abschnitt zur Afrika-Berichterstattung firmiert unter dem Motto: "Im Zweifel für den Zentralstaat". Nur kurz behandelt der Autor, der als langjähriger Mitarbeiter der "Gesellschaft für bedrohte Völker" viel Hintergrundwissen zu den geschilderten Fällen einbringt, Neuansätze regionaler Nachrichtenagenturen etwa in Lateinamerika (z.B. POONAL, Pool de Nuevas Agencias de America Latina; erscheint auch deutschsprachig) oder Asien (z. B. ANN, Asian News Network) sowie kritische JournalistInnenvereinigungen (z.B. FAIR, Fairness and Accuracy In Reporting, Los Angeles). H. H.
Ludwig, Klemens: Augenzeugen lügen nicht. Journalistenberichte: Anspruch und Wirklichkeit. München: Verl. C. H. Beck, 1992 (Beck'sche Reihe), 198 S., DM 18,80/ sFr 16,-/ öS 146,60