Jacobin

Ausgabe: 2019 | 4
Jacobin

Ein politisches Magazin in den USA erweckt derart viel Aufsehen, dass in der Edition Suhrkamp wenige Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen, eine Anthologie mit verschiedenen Texten erscheint. Es handelt sich um „Jacobin“, das im Umfeld der Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders Aufmerksamkeit erfuhr. In der Anthologie sind sehr verschiedene Texte zusammenfasst. Von einem Interview mit Walter Benn Michael über Identitätspolitik, über einen Text zur Aktualität Karl Marx‘ bis hin zu einem Text von Peter Frase über „Vier Zukünfte“.

Das bereits erwähnte Interview mit Walter Benn Michaels vermittelt einen Einstieg in das Denken des Autors von „The Trouble with Diversity“, das 2006 erschienen ist und in den USA viel diskutiert wurde. „In gewissem Sinn erfordert der Internationalismus des neoliberalen Prozesses also eine Form des Antirassismus, und der Neoliberalismus hat in zweierlei Hinsicht tatsächlich sehr guten Gebrauch von der Form des Antirassismus gemacht, den wir entwickelt haben, das heißt vom Multikulturalismus. (...) Die Essenz der Antwort ist eben, dass die Internationalisierung, die neue Mobilität von Kapital und Arbeit, einen Antirassismus hervorgebracht hat, der nicht dem Widerstand gegen oder auch nur der Kritik am Kapital, sondern dessen Legitimierung dient.“ (S. 27f.) Eine grundlegende Kritik der Verhältnisse komme nicht mehr vor, vor allem nicht in linken akademischen Kreisen. „Die Professoren machen sich keine Gedanken über Ungleichheit, solange diese nicht durch Diskriminierung verursacht wird. Wir machen uns große Sorgen darüber, ob Frauen im Mathematikunterricht fair behandelt werden, aber wir kümmern uns nicht um den Lohn der Frauen, die unsere Büros putzen.“ (S. 41) Über die Zukunft befragt, vertritt Michaels die These, dass wir uns auf gleichberechtigte Ausbeutung zubewegen.

In dem Text von Peter Frase über vier Zukünfte kombinierte dieser zwei Gegensatzpaare, Überfluss und Knappheit sowie Egalitarismus und Hierarchie zu vier Zukunftsbildern. Damit will er in Idealtypen die Optionen aufzeigen, zwischen denen die Zukunft oszilliert.

  • Erste Variante: Egalitarismus und Überfluss wäre Kommunismus. Dieses Modell denkt er unter anderem anhand des kommunistischen Charakters des Universums von Star Trek durch. Er warnt davor, dass dort die eine dominante Hierarchie, Vermögen, durch viele andere Hierarchien, wie zum Beispiel Reputationen, ersetzt werden könnte.
  • Zweite Variante: Hierarchie und Überfluss wäre „Rentismus“. Hier stelle sich das Problem, wie die ungleiche Gesellschaft stabilisiert werden könnte. Angesichts von Überfluss wäre Vollbeschäftigung schwierig herzustellen. Und es würde eine starke Ideologie nötig sein, um die Akzeptanz der Unterschiede zu argumentieren.
  • Dritte Variante: Egalitarismus und Knappheit wären Sozialismus. Grundeinkommen, wenn keine Überflussproduktion gegeben sei, führe zu Verteilungsnotwendigkeiten, die eines Staates bedürfen. Auseinandersetzungen seien vorprogrammiert, große Klassenkonflikte wären hingegen beseitigt.
  • Und vierte Variante: Hierarchie und Knappheit wäre Extremismus. Hier würden die Konflikte durch Gewalt oder die Trennung der Gruppen der Gesellschaft (durch Auswanderung der Oberschicht zum Beispiel) „gelöst“ werden.

Das Magazin gibt es auch im Internet.