Adom Getachew (Hg.)

Imagining Global Futures

Ausgabe: 2023 | 3
Imagining Global Futures

Die Herausgeber:innen des Sammelbands „Imagining Global Futures“ Adom Getachew, Deborah Chasman und Joshua Cohen verorten ihre Arbeit im Zentrum einer Zeit, die von Krisen geprägt ist – Stichworte: Kriege in der Ukraine und Äthiopien, Klimakrise, Vertreibungen, etc. Die Frage: „Should we resign ourselves to despair?“ (S. 5) verneinen sie allerdings. Zu wichtig seien die zivilgesellschaftlichen Initiativen der letzten Jahre, die das Zusammenleben in einem globalen Verständnis prägten. Mit der Betonung des Globalen streben die Herausgeber:innen an, die Welt als eine Einheit zu betrachten, die auf Gerechtigkeit beruht: „our imagination of global futures must begin“ (S. 5).

Vorstellungen von gerechter Zukunft

Das Buch versammelt 15 Beiträge, die unterschiedliche Vorstellungen von gerechten Zukünften zusammentragen. Die einzelnen Themen reichen von Fragen zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, über die Auswirkungen des Klimawandels auf das zwischenmenschliche Zusammenleben bis zur Dekolonialisierung unterschiedlicher Felder – etwa der Städteplanung oder des digitalen Raumes. Interessant ist, dass die Autor:innen unterschiedliche Disziplinen repräsentieren und sowohl die Wirtschaft, als auch Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und die Kunst vertreten. Die Interdisziplinarität ist sicherlich eine interessante Herangehensweise und stimmt mit dem doch sehr hohen Anspruch des Buches überein: Die Welt als Ganzes wird mitsamt ihren Krisen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Die Texte selbst weisen eine große Nähe zum politischen Aktivismus auf, indem die Autor:innen sich etwa nicht nur auf bestimmte Gruppen – etwa die Black-Lives-Matter-Bewegung – beziehen, sondern durch ihre Arbeit aktiv daran partizipieren. Als Beispiel sei der Essay des Historikers Robin D. G. Kelley genannt, der mit „Freedom Dreaming“ maßgeblich frühere Formen der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung prägte. Angesichts der jüngsten Demonstrationen nahm Kelley seine Arbeit wieder auf und erweiterte sie mit zusätzlichen inkludierenden Bestrebungen – neben dem Aspekt der Geschlechterdiversität und den Dekolonialisierungsbestrebungen auch bei Schwarzen Protestformen in den USA sei v. a. auf den Gedanken der „Mutual Aid“ hingewiesen, den Kelley als politische Praxis versteht, die auf Solidarität in allen Formen beruht.

Gedanken zum globalen Zusammenleben

Das Buch bietet eine Reihe interessanter Gedanken zum globalen Zusammenleben an, die auf Gerechtigkeit und Solidarität allen Menschen gegenüber basieren. Anzumerken ist allerdings, dass das Buch nicht den Begriff des Globalen näher definiert bzw. vom Planetarischen unterscheidet, was durchaus wünschenswert wäre. So hat Gayatri Spivak etwa schon 1997 für die Verwendung des Planetarischen zugunsten des Globalen aufgrund dessen Nähe zum kolonialen Imperialismus seit der Aufklärung plädiert. Angesichts ihrer einflussreichen Arbeit „Imperative zur Neuerfindung des Planeten“ (2013, deutsche Fassung), erscheint „Imagining Global Futures“, wenngleich aktivistisch motiviert, in der wissenschaftlichen Rahmung allerdings weniger pointiert.