Homo Oecologicus - neues Menschenbild im Zeichen ökologischer Krise

Ausgabe: 1995 | 4

Im Mittelpunkt des vorliegenden Buches steht der Entwurf eines umfassenden neuen Leitbildes namens "Homo Oecologicus", wobei nicht nur die ethisch-moralische Dimension, sondern die Grundspannung von Kultur und Natur, der Mensch in all seinen Dimensionen zur Diskussion steht. Die ökologische Krise ist für den Pädagogen Eckhard Meinberg das letzte Ergebnis menschlicher Taten. Deshalb geht es um den Entwurf einer einheitlichen Idee, um den Umgang mit Menschen- und Weltbildern. Im Verständnis des Autors gehören Natur und Kultur unwiderruflich zusammen, der Mensch ist zu einer Doppelexistenz (Sartre) verurteilt. Der Homo Oecologicus ist deshalb auch kein Technikfeind, sondern betrachtet Technik als ein äußerst komplexes Kulturphänomen. Daher ist es unabdingbar, über die Folgen der Technik nachzudenken und Technikfolgenabschätzung zu betreiben.

In Fragen der Moral und Ethik werden bestehende Entwürfe (A. Schweitzer, H. Jonas) herangezogen und die notwendige "Pflicht zur Zukunft" aus der Zukunftsverantwortung abgeleitet. Der von Meinberg beschworene Typus "muß von seiner Vernunft öffentlichen Gebrauch machen, indem er seine Argumentationskraft ebenso bildet wie seine Diskursbefähigung, Weitsicht und ein globales Denken, das dem ganzen oikos gilt und nicht bloß vor der eigenen und für die eigene Türe kehrt". Mit Blick auf Entwicklungschancen für sein Leitbild erachtet der Autor die Konstruktion von Menschenbildern als hilfreich. Der Weg dorthin erfolgt über Bildungsprozesse, über "die Gestaltwerdung desjenigen Bildes, das er (der Mensch) von sich macht und zu dem er sich bekannt". "Wer immer sich um die Gegenwart und Zukunft besorgt, wer über den Tellerrand des Eigenen und auch Gegenwärtigen in das ungelungene Morgen hinausschaut, hat solche Leitfolien bitter nötig, die uns noch vorausliegen und erst eingeholt werden müssen." Ähnlich der Gestalt des Sisyphus bei A. Camus (1959), der um die Vergeblichkeit menschlichen Tuns weiß, aber dennoch das Leben liebt und "ewiger Rebell" ist, glaubt Meinberg an den Oppositionsgeist des Homo Oecologicus, in dessen Spuren sich aufzuhalten lebenswert scheint.

A. A.

Meinberg, Eckhard: Homo Oecologicus. Das neue Menschenbild im Zeichen der ökologischen Krise. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1995. 186 S., DM 39,80/ sFr 40,80/ ÖS 377