Göttliche Maschinen

Ausgabe: 1989 | 1

Vor dem ideengeschichtlichen Hintergrund der Aufklärung geht es dem Autor um die "Versenkung der Lebewesen ins Maschinenbild". Der Mythos von der Beherrschung der Natur dient dabei als Leitfaden eines Erkundungsganges zu den Hintergründen mechanistischer Modellvorstellungen. Die philosophischen Klassiker wurden deshalb im Hinblick auf die „Maschinalisierung des Lebendigen" gelesen und interpretiert. Die Maschine als figürliche Nachahmung von Lebewesen hat das Denken in der Philosophie des 17. und 18.Jahrhunderts nicht unwesentlich mitgestaltet. Für Descartes sind Göttliche Maschinen die Fiktion von Automaten,die nach dem Bild des Lebendigen geschaffen sind. Die Körperautomaten-Doktrin von Descartes hat das mechanistische Weltbild mitgeprägt. Weiters wird das Leibnizsche Universum als ein einziger unüberschaubarer, von einem göttlichen Zentralcomputer programmierter Maschinenpark vorgestellt. Sutter erörtert auch die seines Erachtens häufigen Fehlinterpretationen von La Mettrie als Verfechter der mechanischen Menschmaschine, und zeigt, "daß die angebliche Überwindung des Maschinenmodells für Lebewesen in der Kantischen kritischen Teleologie auf einer Täuschung beruht". Sutter benutzt geschickt Momentbilder aus der Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts als Vehikel der Kritik an den technizistischen Denkweisen der Gegenwart. Er geht aber noch weiter und stellt der Konjunktur des Maschinenbildes die von Maturana/Narela eingeführte "autopoietische Maschine" gegenüber, um so einen Zugang zum Begriff der Selbstorganisation zu bekommen. Aber auch dieser Weg führt nicht weiter, es bleibt lediglich die Konstruktionsanleitung für eine abstrakte Maschine der Selbsterhaltung. Letztlich bestimmend bleibt bei Sutter Kritik, Alternativen bietet er nicht. Es drängt sich ein Zitat aus der Einleitung auf: "Könnte der Mensch nicht selber eine Art Schmarotzer auf den Maschinen werden? Eine liebevoll maschinenkitzelnde Blattlaus?"

Sutter, Alex: Göttliche Maschinen. Die Automaten für Lebendiges bei Descartes, Leibniz, La Mettrie und Kant. Frankfurt/Main: Athenäum, 1988. 299 S.