Energieversorgung für Entwicklungsländer

Ausgabe: 1988 | 2

Wie die Generalversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution bereits Ende 1980 feststellte, ist ausreichende Energieversorgung die wichtigste Bedingung für den wirtschaftlichen Fortschritt der Entwicklungsländer. Die Mineralölkrisen der Jahre 1973/74 und 1979/80 haben nicht nur die Staaten der ersten, sondern vor allem die Dritte Welt schwer getroffen, und es ist abzusehen, daß die weitere Verknappung der herkömmlichen Ressourcen die forcierte Entwicklung und den breiten Einsatz alternativer, dezentraler Technologien dringend gebietet (zumal die nächste Erdölkrise nur eine Frage der Zeit ist). Dies gilt insbesonders für die Entwicklungsländer, denen einerseits die wissenschaftlichen Voraussetzungen zum Einsatz hochtechnischer Energiesysteme fehlen, und die andererseits, bedingt durch die hohe Verschuldung, gar nicht in der Lage sind, die dafür erforderlichen Mittel aufzubringen.

Der Autor legt mit dieser umfassenden - energietechnische, politische, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigenden - Studie dar, daß durch die Nutzung alternativer Energiesysteme, die weitgehend schon entwickelt, vor Ort erneuerungsfähig und damit den Bedürfnissen der Entwicklungsländer besonders angemessen sind, die aktuellen Probleme vielfach gemindert und teilweise gelöst werden könnten.

Teil 1 beschreibt die Einsatzmöglichkeiten dezentraler Energiesysteme in den Ballungszentren wie auch im ländlichen Raum und errechnet anband verschiedener Szenarien den wahrscheinlichen Energiebedarf bis zum Jahr 2000. Rady kommt zu dem Schluß, daß die Entwicklungsländer "weitgehend auf der Basis ihrer verfügbaren heimischen Ressourcen ihren Energiebedarf decken könnten", wenn die heute schon verfügbaren Verfahren auf breiter Front eingesetzt würden. Im zweiten Teil werden folgende Technologien im Einzelnen erörtert: solarthermische, photovoltaische Konversion, Wind- und Hydroenergie und vor allem die vielfachen Möglichkeiten der Biokonversion. Dabei werden nicht nur die spezifischen Einsatzbereiche und Vorteile der Verfahren, sondern auch deren Nachteile kritisch diskutiert. Im letzten Abschnitt werden die Einsatzmöglichkeiten von Bioenergiesystemen auf Grundlage der vorhandenen Rahmenbedingungen evaluiert, und die Wettbewerbsfähigkeit dieser alternativen Verfahren gegenüber herkömmlichen Methoden ermittelt. Dabei werden Systeme zur rationelleren Holzverbrennung, der Gewinnung von Holzkohle, Pflanzenölen und Biogasen ebenso vorgestellt wie die Produktion von Alkohol aus lignozellulosehaltigen Stoffen.

Der angemessene Einsatz der beschriebenen Verfahren scheitert nach Ansicht des Autors an ungenügender Kenntnis der politischen Entscheidungsträger in den Staaten der Dritten Welt, an der (weltweiten) Preispolitik, die konventionelle Energieträger nach wie vor subventioniert und letztlich auch daran, daß die Betroffenen der intensiveren Hilfe bedürften, um ein Stück mehr Autonomie und Menschenwürde zu erleben.

Rady, Hussein M: Regenerative Energien für Entwicklungsländer. Rahmenbedingungen - Strategien - Technologien - Wirtschaftlichkeit - Ökologie. Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., 1987, 512 S. (Internationale Kooperation; Bd 32) DM 61,-/sfr 51,70/ öS 475,80