Mit Ausnahme weniger Insider und Technikfreaks gehört es zum guten Ton. die Euphorie um die virtuellen Welten zu relativieren. deren Vor- und Nachteile abzuwägen. Der Journalist Detlef Drewes stellt diesbezüglich Fragen. die der neuen Technologie "einen gesellschaftlich akzeptablen. human vertretbaren und ökonomisch-sozial verantwortlichen Rahmen" (S.11) geben. Drewes sieht die eigentlich politische Wirkung des Cyberspace in seiner grenzenlosen Offenheit. Er glaubt, daß dadurch ein tieferes Kennenlernen zwischen Menschen möglich wird. was wiederum eine friedensstiftende Wirkung ausüben kann. Das Datennetz führe zu einer (globalen) Senkung der Reizschwelle für politische und kriegerische Auseinandersetzungen" (S.120). die den Aufbau eines Feindbildes erst gar nicht ermöglichen. Neben Politik und Demokratie beschäftigt sich Drewes u.a. mit dem Leben im virtuellen Dorf. den Freizeitwelten und der Medizin sowie mit der Kriminalität im Datennetz. In einigen Szenarien für die Zukunft stellt der Autor mögliche Entwicklungen bis zum Jahr 2040 vor. Dann nämlich sind Roboter "in der Lage. Äußerungen eines Menschen aufzunehmen und in konkrete Programme und Taten umzusetzen" (S.200). Weiters ist der Einbruch der Computerindustrie zu erwarten, denn die technische Perfektion der Geräte ist kaum mehr zu steigern. neue Programme nicht mehr nötig. Bereits heute zeigt sich in der bisherigen Technisierung der Arbeitswelt, daß der Einsatz von mehr Rechnern zwar zu einer Verschlankung der personellen Besetzung in den Unternehmen führt. aber nur selten zu einer echten Umverteilung von Arbeit. Es wird. so Drewes. in Zukunft entscheidend darauf ankommen. ob wir sicherstellen können, daß es auch künftig Arbeit für alle gibt. "Es ist ökonomisch gesehen sinnlos, in technisch machbaren Möglichkeiten zu schweigen, ohne die Verschiebungen in der Arbeitswelt zu sehen." (S. 203) Ohne die oft an den Tag gelegte Distanz und Skepsis gegenüber neuen Technologien zu teilen, steht Drewes dem Cyberspace offen und aufmerksam gegenüber. Es ist für ihn "keine eigene. neue Welt. sondern immer nur ein Spiegel der alten. die die Begrenztheit hinter sich läßt" (S. 229). Es gebe im Netz auch nichts Neues, dafür aber sei es, so der Autor sarkastisch. schneller verfügbar. Die große Herausforderung der ”Netzkultur" sieht er wohl zu Recht "in der Einbettung in eine sozial vertretbare und gesellschaftlich verantwortete Zukunftskonzeption" (S. 230), daß eine solche noch nicht vorliegt. hat für den Autor mit dem ”Nichtbegreifen der Chancen und Risiken" zu tun. A. A.
Drewes, Detlef: Die Online Gesellschaft. Die virtuelle Zukunft hat begonnen. München: Müller, 1997. 236 S.
Weiterführender Literaturhinweise: Zum Thema "Faszination des Internet" meldet sich auch die Reihe ”Zukunftsbibliothek" zu Wort. wobei persönliche Online-Erfahrungen des Autors reflektiert werden: Seebrook. John: Odysee im Cybersapce. Leben in virutellen Welten. Düsseldorf iu. e): Metropolitan-Verl., 1997. 304 S.