Die Grünen in Österreich

Ausgabe: 1996 | 2

"Die Grünen kann nur einer besiegen - sie selbst." Oft wurde dieser Slogan strapaziert, wenn wieder einmal Flügelkämpfe und Spaltungen ihren (Wieder-) Einzug ins Parlament in Frage stellten. Dabei wird je nach Standort eine der Grundströmungen als die einzig richtungsweisende instrumentalisiert. Die beiden Autoren, die sich zum linken Flügel der Wiener Grün-Alternativen zählen (der 1986 ausgegrenzt wurde), nehmen die grüne Parteibewegung Österreichs seit Anfang der 80er Jahre ins Visier. Wenn auch diese Basisströmungen sich ähnlich entwickelten wie bei den deutschen Grünen (und ihre Grundsätze "ökologisch, basisdemokratisch, solidarisch und gewaltfrei" übernahmen), so dominierten in Österreich von Anfang an dezentrale - nicht nur ökologisch orientierte - Bürgerbewegungen. Damit waren auch die Konflikte mit städtischen, ideologisch und strategisch geschulten Politzirkeln von Anfang an vorprogrammiert - inklusive dem Mangel an Streitkultur und Konfliktmanagement. Liest man das Buch als einer jener" Mitleidenden" der jahrelangen Insiderkämpfe, bleibt einem ein "Blick zurück im Zorn" nicht erspart. Für jene, deren Engagement zu oft vom unaufschiebbaren Aktionen gegen drängende Probleme und von Zeit- und Finanznöten bestimmt ist, erscheinen manche der Analysen und Debatten im Politjargon als Zeitverschwendung. Ob sie nun im Debattierzirkel und im Parlament zelebriert werden - oder in einem Buch, garniert mit Zitaten von Machiavelli, Kant, Hegel, Marx, Günther Anders und anderen: ihre Wirkung muß an der sozialen und politischen Lebenssituation der Bürger gemessen werden. Mit Recht und treffend wird die Flucht - auch grüner - Politiker in die Droge "Gunst der Massenmedien" (vor der schon Günther Anders warnte) kritisiert und deren Abhängigkeit vom Transport ihrer Programmatik und ihrem Schlagzeilen liefernden Aktionismus. Wie kann eine gestylte, medienfixierte (Öko-)Technologie-Partei, die sich primär am besser situierten Städter orientiert, gleichzeitig dem politischen Chaos der Großstrukturen (auch auf EU-Ebene) und der Zerstörung sozialer und ökologischer Lebensgrundlagen entgegenwirken? Die existenziell Betroffenen - oft als "politisch unterentwickelt" apostrophierte Arbeiter, Bauern, Hausfrauen usw. - entwickeln an der Stelle von Rhetorik längst praktikable Strategien, um mit demokratischen, außerparlamentarischen Mitteln für ihre Rechte und ihr Überleben zu kämpfen. M Rei.

 

Schandl, Franz; Schattauer, Gerhard: Die Grünen in Österreich. Entwicklung und Konsolidierung einer politischen Kraft. Wien: promedia-Verl., 1995. 534 S.,