Der Weg der Facilitation

Ausgabe: 2009 | 3

Versteckt sich hinter dem Begriff „Facilitation“, der, aus dem Spanischen stammend „ermöglichen“, „befähigen,“ „erleichtern“ bedeutet und, kurz gefasst, ein Partizipationsverfahren benennt, das darauf abzielt, „Betroffene zu Beteiligten zu machen“ Ungewöhnliches oder Neues? Natürlich kommt mir dabei auch die von Robert Jungk entwickelte „Zukunftswerkstatt“ in den Sinn, deren Potenzial und Anspruch wir seit Jahren mit demselben Motto beschreiben und bewerben. Ein vorbehaltloser Blick auf das hier entwickelte Konzept zielgerichteter Organisations- und Projektentwicklung räumt allfällige Bedenken jedoch aus: Was das seit Jahren im Umfeld von Unternehmensberatung und Sozialmanagement tätige Autorenteam hier präsentiert, ist ein entschieden eigenständiger, differenzierter und – das zumindest vermittelt die Lektüre dieses Buches – auch überzeugender Ansatz erfolgsorientierter Arbeit zu Entfaltung und Umsetzung kreativen Potenzials von Gruppen.

 

Die Aussicht auf beziehungsweise die Notwendigkeit von Erfolg bezeichnen die Autoren als vorrangiges Ziel der Facilitation. Und da dieser nur allzu oft kurzfristig erwartet wird, geraten langfristige Ziele und Potenziale immer wieder aus dem Blick. Umso mehr gelte es, gemeinsam nachhaltige Ziele zu entwickeln, „die von allen Beteiligten mitgetragen werden“ (S. 18). Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit der Mitgestaltung und

 

-entscheidung, die hier nach dem „PIMEV-Prinzip“ gesichert wird. Die Anfangsbuchstaben stehen dabei für Partizipation, Identifikation, Motivation, Empowerment und Verantwortung. Nur wo jede/r Einzelne in ihren/seinen Möglichkeiten bestärkt und gestützt wird, stellt sich die Bereitschaft ein, auch Neues zu wagen und Verantwortung zu übernehmen – die wichtigste Bedingung für nachhaltige Entwicklung. Zugegeben, das klingt einerseits selbstverständlich, andererseits aber auch abstrakt. Die Vorgabe des Gesamtprozesses wird aber im Verlauf der weiteren Ausführungen Schritt für Schritt präzisiert und fügt sich mosaikartig zu einem schlüssigen Ganzen. Ob man dabei die methodischen Prinzipien (zukunftsorientiert, partizipativ, motivierend, erfahrungsbezogen, kritisch und kreativ), die Grundhaltungen (Wertschätzung und Respekt, Sensibilität und Achtsamkeit, Offenheit und Ehrlichkeit, Prozessorientierung, Demut, Flexibilität) oder das System der Facilitation (Bedeutung des Teams, der Regen, des ModeratorInnen oder der Umgebung) betrachtet – alle Komponenten werden klar und verständlich beschrieben, um darauf aufbauend, den Prozess selbst zu erläutern.

 

Das Instrument der Facilitation präsentiert das Autorenteam im zweiten, zentralen Abschnitt des Buchs als aufwändiges, aber zugleich auch zielführendes Mittel der Entwicklung und Implementierung von Anliegen. Ausgehend von der gemeinsamen Ideen- und Visionsentwicklung nach der selbst konzipierten „GIVE-Methode“, dem daran anschließenden „Realitätscheck“ und der Formulierung einer „strategischen Vision“ werden Schritt für Schritt Module bis hin zur Erarbeitung eines Leitbildes vorgestellt, wobei für diesen Prozess zumindest drei Tage anberaumt bzw. empfohlen werden. Darauf aufbauend, wird der „Longframe“ als das „EU-Planungsinstrument“ im Detail vorgestellt, wobei auch unterschiedliche Analysemethoden diskutiert und erläutert werden. Die grafisch gut strukturierte, sprachlich klare und somit gut nachvollziehbare Hinführung zu einer tragfähigen Projektentwicklung lässt in Anbetracht der Komplexität des „Longframe“ erkennen, dass dieser Ansatz erfolgreich nur in Begleitung eines erfahrenen ModeratorInnenteams durchlaufen werden kann (womit sich die Autoren als praxiserfahrene Projektmanager und Trainer, ausgestattet übrigens mit besten Referenzen, auch selbst empfehlen). Denn die Abstimmung von angestrebten Resultaten, Zielen und Aktivitäten, die Klärung von Rahmenbedingungen, Indikatoren, Ressourcen und Kosten bedarf vor allem die ungeteilte Aufmerksamkeit des gesamten Teams und umso mehr der koordinierenden Unterstützung und Expertise von außen.

 

Inwieweit das Handbuch genügend Anregungen und Motivation zur eigenständigen Entwicklung von Gruppenprozessen bereithält, hängt wesentlich auch von der Erfahrung im Umgang mit den zentralen Werkzeugen der Moderation ab, die im abschließenden dritten Teil des Bandes ausführlich beschrieben werden. Die insgesamt elf „Tools“ (GIVE, SOFT, SEPO u. a. m.) sind natürlich auch in anderen Verfahren der Projektentwicklung einsetzbar.

 

Mit diesem Band legt das steirische Autorenteam ein schlüssig konzipiertes und engagiert präsentiertes Instrumentarium zur Organisations- und Projektentwicklung vor (Weitere Informationen unter www.facilitation.at). W. Sp.

 

Ortner, Ursula; Stelzer, Harald; Hauszer, Martin: Der Weg der Facilitation. Die neue Methode der Partizipation. Graz Verl. GUPE, 2008/2009. 204 S. € 25,- [D], 25,75 [A], sFr 43,75; ISBN 978-3-901252-06-8